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Frauke Petry.

© dpa

ARD-Film über Ehepaar Petry: Die AfD-Politikerin und der Pfarrer

„Haben Sie das Gefühl, Sie müssen Ihre Kinder beschützen?“ Eine ARD-Doku zeigt auf, was Frauke Petry und ihren Ex-Mann trennt. Und was sie eint.

Der Saal in Leipzig ist vollbesetzt. Vor allem Menschen älteren Jahrgangs sind neugierig auf den Mann, der hier das erste Mal öffentlich aus seinem Buch lesen wird. Sven Petry hat seine Ex-Frau zu Beginn ihrer politischen Karriere unterstützt, auch wenn der evangelische Pfarrer kein Mitglied der AfD wurde. „Ich fand die Fragen richtig, die anfangs aufgeworfen wurden“, sagt er in Eva Müllers Film „Herr und Frau Petry“.

Dass er mit dem AfD-Kurs insbesondere zur Flüchtlingspolitik nicht einverstanden war, ließ sich später seinen Predigten in der Kirche St. Jakobus im sächsischen Tautenhain entnehmen. Aber erst ein knappes Jahr, nachdem Frauke Petry im Oktober 2015 die Trennung öffentlich gemacht hatte, gab er erste Zeitungs-Interviews. Im März 2017 erschien dann Sven Petrys Buch „Fürchtet Euch nicht“, eine „Streitschrift zur Politik seiner Ex-Frau“, wie Eva Müller aus dem Off kommentiert.

Besonders streitlustig wirkt der bedächtige Sven Petry allerdings nicht. Er überlegt lange, und seinen Antworten schickt er oft ein aufmunterndes Lächeln hinterher. Auch Frauke Petry kommt hier zu Wort, nicht nur in den Archivschnipseln mit ihren umstrittensten Äußerungen, sondern in einem frischen Interview. Die politischen Differenzen zwischen beiden treten klar zutage und werden häufig als Rede und Gegenrede hintereinander geschnitten.

Sven Petry
Sven Petry

© picture alliance / dpa

Zum Beispiel zum Thema Asyl- und Flüchtlingspolitik. Dass Flüchtlinge in einer Notsituation gewesen seien, sei „schlichtweg gelogen“, behauptet die AfD-Vorsitzende ernsthaft und lässt keinen Zweifel daran, dass sie die Geflüchteten für wohlhabende Asyl-Schwindler hält. Solche Äußerungen würden Abgrenzungen möglich machen, entgegnet der Pfarrer: „Wir hier drin, die da draußen, die hier eigentlich nicht hingehören.“ Das Wahlprogramm der AfD nennt er „in letzter Konsequenz rassistisch“.

Die Namen der Kinder werden nicht genannt

Gemeinsam sind beide nicht vor der Kamera zu sehen. In der Zurückhaltung mit Äußerungen zum Privatleben sind sie sich aber einig. Einmal wird Sven Petry gefragt, an welchem Punkt er das Gefühl hatte, sich von seiner Frau distanzieren zu müssen. Er atmet tief durch, überlegt, schweigt. Und die vier gemeinsamen Kinder?

Autorin Müller beweist Zurückhaltung, zeigt keine Bilder, obwohl Frauke Petry schon mit einem Sohn in der Öffentlichkeit aufgetreten ist. Auch die Namen der Kinder werden nicht genannt, aber wie das so läuft mit der Erziehung und der Aufteilung zwischen den geschiedenen Eheleuten, hätte die Autorin schon gerne gewusst.

Natürlich kann es relevant sein, was die Vorsitzende einer familienpolitisch stark traditionell verankerten Partei über Kindererziehung denkt. Aber hier stellt sich bisweilen das unangenehme Gefühl ein, die Autorin wolle den ausbleibenden Rosenkrieg suggestiv herbeifragen. „Haben Sie das Gefühl, Sie müssen Ihre Kinder beschützen, ganz allgemein?“, will sie von Sven Petry wissen. „Kein Kommentar“, sagt er nur.

Doch der Film liefert auch ein aufschlussreiches Stimmungsbild. In Tautenhain findet die Autorin einen Ort, der stellvertretend für die strukturschwachen, von den Jungen verlassenen Gegenden in Ostdeutschland steht - und für die „Vergeblichkeitserfahrung“ der verbliebenen Einwohner, von der in Sven Petrys Buch die Rede ist. Früher gab es in Tautenhain eine Schule, einen Kindergarten und zwei Bäcker. Zuletzt wurde die Sparkasse abgerissen.

Der Bahnhof wirkt vernachlässigt, er ist nur noch Bedarfshaltestelle. Eva Müller lauscht ins Dorfleben hinein, besucht einen Schmied, dessen Familie hier in fünfter Generation arbeitet, bestaunt das 35 Jahre alte Feuerwehr-Auto, das immer noch seinen Dienst tun muss. Von einer diffusen „Angst, dass das mal umkippt“, ist schon in der Damenrunde der Gemeinde die Rede. Und eine freundliche Rentnerin beklagt, das Schlimme sei ja, dass man sich an die Ausländer anpassen müsse und am Ende gar nicht mehr sagen dürfe, dass man Deutscher sei.

Auf Nachfrage muss sie allerdings erst einmal überlegen, ob es in Tautenhain überhaupt Ausländer gibt. Der aus dem Ruhrgebiet stammende Sven Petry ist hier heimisch geworden und hat eine neue Partnerin gefunden. Die Angst, die wir haben, sagt er bei der Lesung in Leipzig, sei eine viel größere Gefahr als das, wovor wir uns fürchten.

„Herr und Frau Petry“, Montag, ARD, 23 Uhr 30

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