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Feindliche Agenten. Russland droht der Deutschen Welle und anderen Auslandsmedien mit schärferer Kontrolle.

© dpa

Update

Agentengesetz: Russisches Parlament verabschiedet Gesetz gegen ausländische Medien

Revanche für US-Vorgehen gegen Russia Today: Russland erweitert sein Agentengesetz - auch die Deutsche Welle ist betroffen.

Das russische Parlament hat ein Gesetz verabschiedet, das ausländische Medien zur Registrierung zwingt. Internationale Medien, die aus dem Ausland finanziert werden, können unter dem Gesetz künftig als "ausländische Agenten" eingestuft werden, berichtete die russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti am Mittwochmorgen.

Damit könnte die Deutsche Welle (DW) in das mediale Revanchespiel zwischen Moskau und Washington geraten. Dem Auslandssender droht in Russland wie anderen Auslandsmedien auch die Registrierung nach Maßgabe eines neuen Agentengesetzes. Die US-Regierung war in Vorlage gegangen, als sie den staatlichen Auslandssender Russia Today zu einer Registrierung als ausländischer Agent gezwungen hat. Das will Russland keinesfalls auf sich sitzen lassen und schnellstmöglich mit einem erweiterten Agentengesetz kontern. Der stellvertretende Sprecher des russischen Parlaments, Pjotr Tolstoi, sprach im Fall von Russia Today von „Zensur“.

Die Trump-Administration beruft sich bei ihrem Vorgehen auf den Foreign Agents Registration Act (FARA) aus dem Jahr 1938. Er richtete sich ursprünglich gegen die Tätigkeit von NS-Propagandisten in den USA. Die amerikanische Bevölkerung habe ein Recht zu wissen, aus welcher Quelle bestimmte Materialien stammen und wer in den USA für ausländische Organisationen lobbyiere, heißt es auf der FARA-Homepage. Allerdings ist dieses Gesetz auf Lobbyisten und Juristen zugeschnitten, Medienunternehmen sind ausdrücklich ausgeschlossen.

Dieses Hindernis umging das Justizministerium in Washington, indem es nun das Unternehmen T&R Productions zur Registrierung aufforderte; dieses betreibt die RT-Studios in den USA und stellt die Mitarbeiter des Senders ein.

Russisches Agentengesetz seit 2012

Auch Russland hat seit 2012 ein Agentengesetz, das bisher gegen russische Nichtregierungsorganisationen angewendet wurde, die politisch tätig sind und mit Auslandsgeldern finanziert werden. Dieses Gesetz soll um einen Medienteil ergänzt werden. Duma-Vize Tolstoi sagte am Dienstag laut Agentur Interfax: „Medien, die auf dem Gebiet eines anderen Staates registriert sind und entweder Geld oder andere Mittel von ausländischen Strukturen – staatlichen Behörden oder Unternehmen oder sogar von russischen Unternehmen mit ausländischer Finanzierung – erhalten, könnten als ausländische Agenten anerkannt werden.“ Der Medienausschuss der Duma billigte den Gesetzentwurf am Dienstag, am Mittwoch wurde er nun vom Parlament verabschiedet. Danach ist die Zustimmung des Föderationsrates nötig.

Das Gesetz könnte neben US-Medien wie CNN, Radio Liberty und Voice of America auch die Deutsche Welle betreffen. Die DW wird aus dem Bundeshaushalt finanziert, agiert aber völlig unabhängig, der deutsche Auslandssender – Fernsehen, Radio, Online – ist kein „Staatsfunk“. Bisher können die beiden Korrespondenten der Welle frei und ungehindert in Russland arbeiten. Die Verbreitung des englisch- und des deutschsprachigen Fernsehprogramms in rund 13 Millionen Haushalte mit Kabel- und Satellitenempfang funktioniert nach DW-Angaben reibungslos. Die notwendige Sendelizenz gilt bis 2025.

Welche Kontrollmaßnahmen sollen gelten?

Allerdings wird gerätselt, welches Statutenwerk, respektive welche Kontrollmaßnahmen die russischen Behörden aus dem (Medien-)Agentengesetz ableiten werden. Die Deutsche Welle hält sich bedeckt. Sprecher Christoph Jumpelt sagte dem Tagesspiegel: „Es liegen uns derzeit keinerlei Angaben seitens offizieller Stellen in Russland vor und wir werden nicht darüber spekulieren, was das neue Mediengesetz beinhalten könnte. Als unabhängiges Medienhaus treten wir immer und überall für den freien Zugang zu Informationen ein. Alles was dies behindert, sollte unterbleiben.“

Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, man verfolge die Entwicklung in Russland sehr genau und stehe dazu mit verschiedenen Seiten in Kontakt. "Unsere Botschaft in Moskau hat das russische Außenministerium um Aufklärung in der Sache gebeten." Für die Bundesregierung sei die Pressefreiheit ein hohes Gut, zu der die Deutsche Welle in Russland einen wichtigen Beitrag leiste. "Sie sollte weiterhin unabhängig ihrer Arbeit nachgehen können."

Auch in Russland gab es Kritik an dem Projekt. Das Medien-Gesetz müsse ausschließlich die USA betreffen, forderte Senator Andrej Klimow. „Was die Deutsche Welle angeht, hat unsere Kommission keinerlei Empfehlungen (bei der Ausarbeitung des Entwurfs) gegeben“, sagte er der Agentur Tass. Sobald das Gesetz im Föderationsrat sei, werde geprüft, ob es angemessen auf die US-Politik reagiere. Niemand wolle einen Krieg mit der ganzen Welt anzetteln, betonte Andrej Klimow. Der Experte Pawel Scharikow vom Institut für USA- und Kanada-Studien in Moskau meinte, das letzte Wort sei noch nicht gesprochen. „Ich denke, das Gesetz wird selektiv umgesetzt.“ (mit AFP)

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