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Kultur: Zum Tode des Schauspielers Robert Mitchum

Der Filmschauspieler Robert Mitchum ist gestorben, er wurde 79 Jahre alt. In mehr als 100 Filmen spielte er Cowboys, Farmer, Sheriffs oder Detektive. Sein Markenzeichen waren die schwer hängenden Augenlider.

Er hat in mehr als hundert Filmen mitgewirkt, in rund vierzig Jahren, von etwa 1943 an. Es sind eine Menge uninteressante, ja auch richtig schlechte Filme darunter. Denn das Spielen hat ihn nie wirklich interessiert in seiner sprichwörtlichen Sorglosigkeit, die wohl auch der Grund dafür ist, dass er nie einen Oscar bekommen hat. Die Schauspielerei - er hatte sie nie wirklich gelernt - war nur einer von vielen möglichen Jobs für ihn, und so hat er auch immer den Eindruck vermittelt, dass er das Gewerbe, in dem er tätig war, nie ganz ernst nahm. Dafür nämlich waren die Gagen zu hoch, die er, wie er meinte, praktisch für Nichtstun bekommen hat. Und ich glaube nicht, dass diese ironische Verachtung nur eine Pose war oder billige Angeberei.

Robert Mitchum in "Die Letzten vom Red River" aus dem Jahr 1969.
Robert Mitchum in "Die Letzten vom Red River" aus dem Jahr 1969.

© Imago

Er hatte eine ungewöhnlich schwere und armselige Kindheit und Jugend, vaterlos aufgewachsen und jahrelang als Landstreicher, als hobo in Güterwagons unterwegs, quer durch den ganzen amerikanischen Kontinent. Er hat sich, ähnlich wie Burt Lancaster und Sterling Hayden, als Boxer versucht, was ihm später in manchen Wirtshauskeilereien, denen er keineswegs auswich, genauso zustatten gekommen sein muss wie bei etlichen Gefängnisaufenthalten wegen Drogenbesitzes, und er hat in einer Flugzeugfabrik so schwer geschuftet und viel zu hart sein schmales Einkommen verdient, als dass er Respekt hätte haben können für eine Arbeit, bei der er sich sehr viel weniger anstrengen musste und sehr viel mehr Geld bekam.

Deshalb sind seine besten Rollen auch die, in denen er sich selbst zu parodieren und auf jeden Fall nicht ganz ernst zu nehmen scheint. Vor allem als Cowboy, Farmer, Sheriff oder Detektiv, ein anderer Marlow als Bogart es gewesen war, oder als korrupter Polizist. Mit Marilyn Monroe auf einem Floß im reißenden "Fluss ohne Wiederkehr", in "Macao" mit Jane Russell und vor allem mit John Wayne in "El Dorado" von Howard Hawks, wo er einen ewig versoffenen Sheriff spielt. Da glaubt man ihm seine Trägheit - sein unverwechselbar persönliches Markenzeichen - besonders gern.

Mit seinen schwer hängenden Augenlidern, "sleep-eyed" fanden ihn die Amerikaner, sah er immer verschlafen aus, verschlafen und desinteressiert. Ein he-man und Macho, dem sogar seine Erfolge bei Frauen völlig egal waren. Er sei nicht lebhafter als ein Kühlschrank beim Abtauen, hat man von ihm gesagt, und dass er spiele, als wäre er mit Beruhigungsmitteln vollgepumpt. So wirkt er auch als Jeff McCloud in "The Lusty Men". Da ist er ein erfolgreicher Rodeo-Reiter, ein Star in der Manege, der nach dem tödlichen Unfall eines Freundes abhalftert und auf seine Ranch zurückkehrt und sich nach der Geborgenheit seiner Kindheit sehnt. Man könnte, weniger ironisch und kritisch, seine Art zu spielen auch als traumwandlerisch und somnambul bezeichnen. Und damit wäre man ganz bei ihm und seiner für das Inbild eines Machos ungewöhnlichen Verehrung von Frauen, die er schlicht für die besseren Menschen hielt. Kaum einer hat wie er die Kritik verachtet, indem er sie einfach nicht zur Kenntnis nahm. Er war ja ohnehin davon überzeugt, dass das, was er machte, nicht viel taugte. Die meisten Sprüche, die von ihm überliefert sind, laufen darauf hinaus: "Filme langweilen mich, besonders meine eigenen." Oder: "Meine Fans verehren mich, weil sie nur auf die Leinwand und mich zu sehen brauchen, um sich sagen zu können, wenn ein Vollidiot wie der es schafft, kann ich Präsident werden."

Er hatte neben mittelmäßigen auch beachtliche Regisseure wie Nicholas Ray und Howard Hawks, Josef von Sternberg und Otto Preminger. Sie alle und seine Schauspielerkollegen haben ihn immer als ungewöhnlich diszipliniert und solidarisch, aufmerksam und liebenswürdig gerühmt, als genau das, was seinem selbstgeschaffenen Image der absoluten Wurschtigkeit widersprach. Er ist mit seiner massigen Gestalt und dem schweren Gang, seinem Kinngrübchen, das sein Gesicht verblüffend weich erscheinen ließ, und dem Schmalzhaar, von dem meistens eine Locke in die Stirn fiel, längst in die Filmgeschichte eingegangen als der Star, dem jedes Aufsehen um seine Person von Herzen zuwider war.

So soll er jetzt auch, knapp vor 80, gestorben sein, wenn den Nachrichten aus seiner Familie zu glauben ist: Er machte sich nichts draus. PETER W. JANSEN

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