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Internationl gefragter Regisseur und Kreml-Kritiker: Kirill Serebrennikow.

© dpa/Weisbrod

Zensur in Russland: Droht Starregisseur Serebrennikow Haft?

Erst wurde sein Ballettstück "Nurejew" abgesetzt, nun werden Veruntreuungs-Vorwürfe laut: Der Moskauer Regisseur Kirill Serebrennikow gerät zunehmend ins Visier russischer Behörden.

Die Staatsoper Stuttgart sorgt sich um den russischen Regisseur Kirill Serebrennikow. „Mit Skepsis und großer Sorge verfolgen wir die gegen ihn erhobenen Vorwürfe“, sagte Chefdramaturg Sergio Morabito. Der Film- und Opernregisseur, der das Moskauer Gogol-Theater leitet, in Berlin an der Komischen Oper inszenierte und in Stuttgart am 22. Oktober mit „Hänsel und Gretel“ Premiere feiert, sieht sich seitens der russischen Justiz mit Vorwürfen der Veruntreuung konfrontiert. Wie andere Kulturschaffende aus seinem Umfeld könnte auch er in Haft genommen werden. „Wir appellieren an die mit seinem Fall befassten Behörden, Augenmaß und Verhältnismäßigkeit walten zu lassen“, sagte Morabito.

Bisher galt Serebrennikow in dem Untreue-Verfahren lediglich als Zeuge. Nun hat russischen Medien zufolge die inhaftierte Ex-Buchhalterin Nina Masljajewa den Regisseur belastet. Mit der Produktionsfirma „7. Studio“ habe er staatliche Fördergelder veruntreut – eine Summe von 200 Millionen Rubel (2,84 Millionen Euro). Laut Morabito, der den Regisseur kürzlich in Russland traf, wurde mit dem Geld hingegen „ein künstlerisches Programm auf höchstem Niveau und mit allergrößtem Erfolg realisiert“. Es gebe in Russland aktuell keinen zweiten Künstler, „dessen nationale und internationale Ausstrahlung mit der seinen vergleichbar wäre“, sagte Morabito. Inhaftiert ist auch Alexander Malobrodski, der Ex-Generaldirektor von „7. Studio“. Anders als die Buchhalterin bestreitet Malobrodski die Vorwürfe.

Tabu Homosexualität: Im Juli wurde Serebrennikows "Nurejew" abgesetzt

Bereits im Mai waren Serebrennikows Wohnung und das Theater durchsucht worden: Eine Probe wurde unterbrochen, die Schauspieler mussten ihre Handys abgeben – schon das wurde als Versuch gewertet, Druck auf den Starregisseur auszuüben. Im Juli war sein Ballettstück über den Tänzer „Nurejew“ wenige Tage vor der Uraufführung im Bolschoi-Theater abgesetzt worden. Beobachtern zufolge spielte dabeir die Thematisierung von Nurejews Homosexualität eine Rolle – ein Tabuthema in Russland, das dort auch juristisch geahndet wird.
Der international renommierte Serebrennikow gilt als mutiger Kreml-Kritiker. In den deutschen Kinos lief Anfang 2017 sein Film „Der die Zeichen liest“, in dem es um die Gefahren fundamental ausgelegter Religion geht.

Der Zaren-Film "Matilda" wurde trotz Orthodoxen-Protesten freigegeben

Zuletzt sahen sich russische Künstler auch Attacken seitens der Orthodoxen und der Monarchisten ausgesetzt. Diese hatten heftig gegen den Film „Matilda“ von Regisseur Alexej Utschitel protesiert, der eine Romanze des Thronfolgers Nikolaus mit der polnischen Ballerina Matilda Kschessinskaja erzählt - was manchen als Sakrileg gegenüber dem ermordeten und inszwischen heilig gesprochenen Zar gilt.

Nun hat das russische Kulturministerium den Historienfilm, in dem auch der deutsche Schauspieler Lars Eidinger mitspielt, jedoch zur Aufführung freigegeben. "Matilda" soll nun am 26. Oktober in die russischen Kinos kommen und ist ab 16 Jahren freigegeben. „Jeder Bürger hat die Wahl, den Film zu sehen oder nicht“, sagte Wjatscheslaw Telnow, Leiter der Filmabteilung im Ministerium, am Donnerstag in Moskau. Tsp/dpa

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