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Turm aus Licht: Vor das bisherige, von Walter Gropius entworfene Bauhaus-Archiv, platziert Wettbewerbssieger Volker Staab einen fünfstöckigen gläsernen Turm.

© SenStadt

Wettbewerb zum Berliner Bauhaus-Archiv: Volker Staab gewinnt mit einem Turm aus Licht

Noch ein Museum für Berlin: Der Architekt Volker Staab gewinnt den Wettbewerb für die Erweiterung des Bauhaus-Archivs am Landwehrkanal.

Dank sagt Senatsbaudirektorin Regula Lüscher „an Frau Jaeggi, die über viele Jahre gedarbt und Rückschläge verkraftet hat“, Dank an alle Beteiligten, Dank vor allem auch an den Preisträger: Volker Staab. Er ist der Gewinner des Wettbewerbs zur Erweiterung des Bauhaus-Archivs am Landwehrkanal, gekürt unter 41 anonymen Einreichungen der Konkurrenz, deren Ergebnis am Freitagmittag im Flughafengebäude Tempelhof vorgestellt wurde. Annemarie Jaeggi, mittlerweile seit zwölf Jahren Direktorin des Bauhaus-Archivs, hatte schließlich schon einmal einen Siegerentwurf in der Hand – vom japanischen Büro Sanaa. Doch dann haperte es mit der Finanzierung, und die geplante Erweiterung verschwand im Papierkorb.

Die 13-köpfige Jury hat sich einstimmig für Staab Architekten entschieden

Diesmal wird es anders sein: Regula Lüscher bekennt sich – auch im Namen des an der Finanzierung hälftig beteiligten Bundes – zur Beauftragung des Wettbewerbssiegers Volker Staab. Einstimmig hat die 13-köpfige Jury, unter Vorsitz der Berliner Architektin Hilde Léon, am Vortag für Staabs Entwurf gestimmt, ein selten einmütiges Ergebnis. Und ein klares Bekenntnis zu genau diesem Entwurf und dem zugrunde liegenden Konzept.

Umschlossen ist das Areal vom Landwehrkanal auf der einen und vielbefahrenen Verkehrstrassen auf der anderen Seite.
Umschlossen ist das Areal vom Landwehrkanal auf der einen und vielbefahrenen Verkehrstrassen auf der anderen Seite.

© Hans-Jürg Wuthenow

Das Bauhaus-Archiv, Hüterin des Erbes dieser wohl bedeutendsten Lehranstalt des 20. Jahrhunderts für Gestaltung und Architektur, ja für einen zeitgemäßen Lebensentwurf überhaupt, ist lange genug stiefmütterlich behandelt worden. Als private Einrichtung, getragen von einem Verein, gilt es dem Land Berlin als „Zuwendungsempfänger“, nicht als eigene Einrichtung. Mit Blick auf das 100-jährige Jubiläum des Bauhauses 2019 sind jedoch endlich die nötigen Finanzmittel bereitgestellt worden, je 28,1 Millionen Euro vom Land und vom Bund. Der Erweiterungsbau wird zwar bis 2019 nicht fertig sein – da haben die ebenfalls in Angriff genommenen, konkurrierenden Museumsneubauten in Weimar und Dessau, den beiden Hauptorten des Bauhauses, die Nase vorn. Aber das lässt sich verschmerzen, zumal mit diesem bestechenden Entwurf von Volker Staab.

Staab hat einen Lichthof entworfen, um den die Ausstellungsräume liegen

Der gebürtige Heidelberger (Jahrgang 1957) ist einer der führenden Museumsbaumeister unserer Zeit. In Nürnberg, Schweinfurt und zuletzt Bayreuth hat er gezeigt, dass er auf die jeweils besonderen Bedingungen eingeht; Museum ist nicht gleich Museum. So ist das Bauhaus-Archiv, seinem in manchen Ohren etwas schwerfällig klingenden Namen gemäß, eben nicht nur ein Hort schöner Dinge, sondern zugleich einer unendlich reichen Dokumentation des Bauhauses, seiner Lehrer und Studenten. International ist das Archiv womöglich berühmter als in Berlin selbst, und ein Gutteil der 115 000 Besucher im Jahr kommt aus aller Herren Länder, um eben dieses Erbe zu studieren.

Das Architekten-Team Peter Axelsen), Sönke Reteike, Eriona Zeneli, Simon Banakar, Petra Wäldle und Volker Staab (v.l.n.r.) vor dem Sieger-Entwurf zum Wettbewerb "Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung, Berlin"
Das Architekten-Team Peter Axelsen), Sönke Reteike, Eriona Zeneli, Simon Banakar, Petra Wäldle und Volker Staab (v.l.n.r.) vor dem Sieger-Entwurf zum Wettbewerb "Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung, Berlin"

© dpa

Darauf reagiert Staabs Entwurf, in dem er 2300 Quadratmeter Ausstellungsfläche gänzlich vom Tageslicht abschirmt und zwar ebenerdig anordnet, aber doch quasi unterirdisch, so dass nur ein lichter, fünf Stockwerke hoher Turm wie ein Ausrufezeichen daraus emporragt. Das wird der künftige Eingang sein, von dem aus der Besucher in einen Lichthof hinabsteigen kann, um den herum hufeisenförmig die neuen Ausstellungsräume liegen.

Der Bestandsbau – immerhin vom Bauhaus-Gründer Walter Gropius in den 60er Jahren entworfen, wenn auch nicht für den Berliner Standort – wird in Gänze sichtbar bleiben, vom künftigen Lichthof aus wird der Blick geradezu dorthin gelenkt. Gropius’ Gebäude, mit seiner seit Jahr und Tag verhängten Glasfront gen Süden nicht so recht als Museum für die lichtempfindlichen Objekte der Sammlung geeignet, soll künftig als Veranstaltungsort dienen – nach einer Generalsanierung. Dafür sind von der Gesamtsumme – 56,3 Millionen Euro – immerhin 21,5 Millionen vorgesehen; Staabs Neubau mit seinen 6700 Quadratmetern Bruttogrundfläche ist demzufolge mit 34,8 Millionen Euro budgetiert.

Aus dem gläsernen Neubau heraus fällt der Blick auf Gropius' Bauhaus-Archiv.
Aus dem gläsernen Neubau heraus fällt der Blick auf Gropius' Bauhaus-Archiv.

© SenStadt

Von einem „Glückstag“ spricht Senatsbaudirektorin Regula Lüscher. Das gilt nicht allein für das Archiv, das endlich seinen dringend benötigten Erweiterungsbau erhält, sondern für Berlin insgesamt. Denn das kostbare Fleckchen Erde, eingezwängt zwischen dem wunderschön baumbestandenen Landwehrkanal und den überlauten Verkehrstrassen, wird mit dem Neubau grandios aufgewertet. Erblickt man bislang, vom Lützowplatz und der Brücke über den Kanal her kommend, einen Parkplatz, an dessen Seite eine nur mühsam als Zugang zum Museum entschlüsselbare Betonrampe verläuft, wird künftig der gläserne, mit allerlei digitalem Spielzeug ausgestattete Turm ein klares Zeichen setzen. Seitlich und gegen die Straße abschirmend ist noch ein flacher Trakt für Designshop und Café vorgesehen. Man kann beides – „niederschwellig“ heißt das – auch ohne Eintrittskarte fürs Museum besuchen.

Gab es im Wettbewerb ähnlich stringente Alternativen zu Staabs Entwurf? Immerhin befanden sich unter den eingeladenen Büros Schwergewichte wie Diener und Diener – die das Berliner Naturkundemuseum glanzvoll hergerichtet haben – oder der derzeit stark gefragte Japaner Kengo Kuma, wie Rudy Ricciotti aus Frankreich, der in Marseille einen vorzüglichen Museumsbau realisiert hat, oder das Berliner Duo Sauerbruch Hutton. Keinen von ihnen hat die Jury mit einem der fünf Preise und vier Ankäufe bedacht. Wer die Entwürfe kritisch vergleichen will, kann alle 41 Einreichungen ab 5. November in Augenschein nehmen, wenn sie in der Holzmarktstraße 66 ausgestellt werden. Anschließend sind die prämierten Entwürfe nochmal drei Monate lang im Bauhaus-Archiv zu sehen.

Dann wird das in Berlin ansässige Büro Staab bereits an der Entwurfsplanung sitzen, für den Baubeginn 2017 und die Einweihung vier Jahre darauf. Zum Bauhaus-Jubiläum 2019, kündigte Lüscher an, soll „etwas Interessantes auf der Baustelle inszeniert“ werden. Nun, derlei hat in Berlin gute Tradition – und für ein dem historischen Bauhaus gewidmetes Haus passt „Baustelle“ ganz vorzüglich.

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