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Tattoo "Riesling rules".

© Hammers Weinkostbar

Weingenuss in der Berliner Urbanstraße: Riesling rules!

Weinschmecker sollten sich mal nach Kreuzberg wagen, in die Urbanstraße. Dort finden sich zu beiden Seiten erstaunlich gute Schweinereien im Gläschen.

Immer wieder wettert irgendeiner, dass diese Stadt ein einziger Sumpf sei, verfault, morsch und bodenlos. Zumindest historisch gesehen stimmt das ja auch. Ziehen wir aus dem Morast der Geschichte zum Beispiel die Urbanstraße in Kreuzberg heraus: Die teilte einst das Terrain einer Überschwemmungswiese, auf der die Schlachter der Stadt ihre Sauen hüteten. Heute kann man sie dank des Landwehrkanals trockenen Fußes überqueren – und sich dabei Gedanken über die dringend gebotene Befeuchtung des Gaumens machen.

Kompetente Rettung liegt erstaunlich nahe, zu beiden Seiten der Urbanstraße: In der Grimmstraße, gegenüber dem Wrangelbrunnen, in dem sich symbolisch die ehemaligen preußischen Hauptströme Rhein, Weichsel, Elbe und Oder ergießen, hat Stephan Pelzl seine Weinhandlung mit Ausschank eröffnet (Do–Sa 14–21.30 Uhr). Altrovino widmet sich der schier unerschöpflichen italienischen Rebsortenvielfalt, von handwerklich arbeitenden Winzern seriös auf die Flasche gebracht. Frappato aus Sizilien, Groppello vom Gardasee oder Lacrima di Morro d’Alba aus den Marken liefern Rotweine wie eine gute Übergangsjacke: nicht zu dick, leicht wärmend und zart wappnend für den Herbst, sein nebliges Licht, seine feuchten Gerüche. Bevor es wieder hinausgeht, noch ein Glas Birbèt auf den Weg, ein traditioneller Feierwein aus dem Piemont. Im rot perlenden, nur zum Teil vergorenen Most steckt die ganze Fülle der Ernte und die vibrierende Frucht, eingebettet in Erinnerungen an Rosen und Pflaumenkuchen.

Riesling rules in der Hammers Weinkostbar

Nun darf man sich stark genug für eine vorsichtige (!) Überquerung der Urbanstraße fühlen. Dann Richtung Südstern in die Körtestraße einbiegen, bis rechter Hand Hammers Weinkostbar auftaucht (Mo-Fr 14-21, Sa 12-16 Uhr). Hier gebietet Jürgen Hammer über eine wunderbare Weinauswahl, wobei er sich seinen persönlichen Favoriten auf den Unterarm hat tätowiert lassen: „Riesling rules!“ Alle anderen Angebote stehen auf der Karte, darunter immer wieder andere offene Weine.

Hammers Partnerin Manuela Sporbart teilt ihre Käseleidenschaft gerne mit Menschen, die mit dem Laub hereinwehen. Bleiben wir ruhig beim Riesling mit ein paar gereifteren Exemplaren, vielleicht von J. B. Becker aus dem Rheingau, ausgeschenkt gegen die früh herandrängende Dunkelheit. Am besten im Verein mit Wolfgang Müllers selbst geschlachteten und verwursteten Schweinereien im Gläschen. Eine Reverenz an die Urbanschlachter und ihr Feuchtgebiet, das, was für ein Glück, nicht restlos trocken gefallen ist. Wer diese schwankenden Gedanken weiter verinnerlichen will, kehrt noch um die Ecke ein bei „Herz und Niere“.

Genuss-Experte Ulrich Amling hat eine Vorliebe für Wein. In der Tagesspiegel-Kolumne Ausgehen schreibt er, wo man in Berlin unbedingt mal ein Gläschen trinken sollte.

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