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Er steht für Güte und Liebe. Sun Ra in Siebziger-Jahre-Film "Space is the Place".

© Rapid Eye Movies

Trash-Thriller „Space is the Place“: Galaktische Selbstbefreiung

Duell um die Seelen der Afroamerikaner: Sun Ra im Trash-Thriller „Space is the Place“, der jetzt wiederentdeckt und digital restauriert wurde.

Das Raumschiff, das ihn hätte abholen sollen, ist nie gekommen. Den fremden Planeten hat er nie betreten, von dem er zeitlebens sprach als dem Ort, an dem die Schwarzen endlich für sich in Frieden leben könnten. Sun Ra starb einfach. Wie viele Jazzmusiker vor ihm mehr oder minder verarmt. Er hatte sich, hochbetagt und als Musiker immer noch aktiv, eine Lungenentzündung eingefangen.

So profan kann der Abschied von der Erde sein. Sun Ra hatte ihn sich anders vorgestellt, denn er glaubte, dass er zu einer intergalaktischen Reise aufbrechen würde, beherrschte er doch, wie er meinte, die eine Sprache, in der kosmische Energien verständlich gemacht würden: Musik. Seine nebulös-mäandernden Free-Jazz-Kompositionen, seine „Space Music“, verstand er als „einführendes Präludium zum Klang der größeren Unendlichkeit“. Auf der Bühne gebärdete er sich als Pharaonenwesen und afrofuturistischer Prophet. Kaum jemand ging in den Sechzigern so weit in seinem utopischen Denken wie dieser Mystiker der Selbstbefreiung.

Die Trashversion eines Blaxploitation-Thrillers

Dass es leicht ist, sich über ihn, seine Güte und Liebe, zu amüsieren, wusste Sun Ra selbst am besten. Um zu verdeutlichen, worum es ihm ging, tat er sich 1974 mit dem Filmemacher John Coney zusammen. Ein Konzertfilm hätte daraus werden können. Und es finden sich auch Liveaufnahmen in „Space is the Place“, dem jetzt wiederentdeckten und digital restaurierten Zeitdokument, benannt nach dem Schlachtruf des Sun Ra Arkestra. In ihnen gibt sich die zehnköpfige Band kollektiven Improvisationen hin und demonstriert jene geistige Freiheit, die Ra meinte, wenn er sagte: „Ihr seid alle Instrumente.“

Doch eigentlich ist „Space is the Place“ die Trashversion eines Blaxploitation- Thrillers. Der Musiker Ra (als er selbst) und der Gangster The Overseer (Raymond Johnson) geraten in ein Duell um die Seelen der Afroamerikaner. Idealist gegen Zyniker. Als der Fantast Ra in einem Jugendklub von Jugendlichen gefragt wird, ob er denn überhaupt echt sei in seiner kuriosen Aufmachung, da antwortet er, dass er so unwirklich sei wie sie selbst. „Ihr existiert in dieser Gesellschaft nicht. Würdet ihr es, hättet ihr gleiche Rechte. Ich komme zu euch als Mythos, denn das ist, was Schwarze sind.“

Während der Drogenboss in weißem Anzug Gewalt, Sex und Niedertracht sät und sich FBI-Agenten in den Zwist einschalten, sammelt Ra die Bekehrten um sich und hebt in einem Raumschiff ab. Seine Botschaft: Es gibt kein schwarzes Leben im Falschen.

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