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Völlig losgelöst. Ryan Reynolds hat mit der Schwerelosigkeit zu kämpfen.

© oSony

Im Kino: Science-Fiction-Horror "Life": Schreie im Weltraum

Schnörkelloses Genrekino: Das Monstermovie „Life“ verbindet Science-Fiction- und Horror-Motive.

Von Andreas Busche

„Life on Mars?“, fragte David Bowie 1971 in seiner Ballade über den Ennui eines jungen Mädchens, das sich ein interessanteres Leben fernab der englischen Provinz erträumt. Etwas grundsätzlicher ist Daniel Espinosas neuer Film betitelt, der ebenfalls vom Leben auf dem Mars handelt, aber den Roten Planeten nicht als fernen Sehnsuchtsort imaginiert. In „Life“ ist der Mars eine unbewohnbare, feindliche Welt – wer oder was hier überleben will, muss schon sehr drastische Strategien entwickeln. Im All ist der Unterschied zwischen Leben und Tod gerade einmal so dünn wie das Material eines Raumanzugs oder bestenfalls die Außenhülle einer Forschungsstation, die Tausende von Kilometern entfernt um die Erde kreist.

Hier arbeitet ein internationales Team von Wissenschaftlern, zu dem auch ein Arzt mit Syrien-Trauma (Jake Gyllenhaal) gehört. Sie sollen außerirdisches Leben erforschen, doch Skepsis ist angebracht. Die Seuchenexpertin an Bord (Rebecca Ferguson) ist angehalten, den Stecker zu ziehen, sollte sich der Fund als gefährlich herausstellen. Was unter diesen widrigen Konditionen überleben kann, muss der Menschheit noch lange nicht wohlgesinnt sein.

Schwerelos im Flow

„Life“ beginnt gleich im Ausnahmezustand, der vorerst allerdings nur technisch bedingt ist. Die Sonde, die Proben auf dem Mars gesammelt hat, ist außer Kontrolle geraten, das Projekt droht zu scheitern. Durch den riskanten Einsatz des Bordtechnikers Roy Adams, ein echter Weltraum-Maverick und von Ryan Reynolds mit jener großmäuligen Selbstgefälligkeit gespielt, die seit „Deadpool“ zu seinem Markenzeichen gehört, können die Proben geborgen werden.

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Espinosa beweist gleich in den ersten Minuten seinen Willen zur Virtuosität. Man tut ihm nicht unrecht, dabei unwillkürlich an „Gravity“ von Alfonso Cuarón zu denken, der im Kino ein bis dahin ungeahntes Gefühl von Schwerelosigkeit erzeugte. In der siebenminütigen Eröffnungssequenz – mit wenigen kaum sichtbaren Schnitten – folgt Seamus McGarveys Kamera der Crew in einem einzigen Flow durch die schmalen Röhren und Kammern der Station, dreht sich frei schwebend um die eigene Achse und entwickelt eine sagenhafte Präzision für die Beschreibung von Arbeitsprozessen. Nach zwei Filmen, mit denen er sich als ambitionierter Epigone des 2012 verstorbenen Tony Scott empfahl, findet Espinosa nun zu einer Handschrift im Genre des formbewussten, an technischen Finessen interessierten Actionkinos.

Ein Alien zeigt Nerven

Die Science-Fiction ist bei Espinosa aber nicht ohne Horror zu haben. In „Life“ ist das Leben auch eine Frage des Überlebens. Das organische Material, das die Wissenschaftler aus dem Marsgeröll bergen, zeigt sich unter dem Mikroskop zunächst als reaktiver Zellhaufen, zu dem der gelähmte Biologe (Ariyon Bakare) eine fast väterliche Beziehung pflegt. Doch die Euphorie hält nicht lange vor. Ein fehlgeschlagenes Experiment weckt das Nervensystem des Aliens, das die Medien auf der Erde Calvin getauft haben. Plötzlich vermehrt sich der Zellklumpen mit rasanter Geschwindigkeit und entwickelt natürliche Verteidigungsmechanismen, die mit den Überlebensinteressen der Besatzung unvereinbar sind. Die Wissenschaftler müssen verhindern, dass der renitente Organismus zur Erde gelangt.

Bemerkenswert ist an „Life“ mit seiner im Grunde wenig originellen Prämisse, einfach die Geschichte von „Alien“ mit der ästhetischen Fulminanz von „Gravity“ zu kreuzen, wie konsequent und erfrischend humorlos Espinosa sein Infektionsmotiv durchspielt. Calvin ist nicht mehr als ein tentakelbewehrter Schleimhaufen – und darin eine perfekte (Über-)Lebensform, die sich durch alle Körperöffnungen ihren Weg bahnt. Diese Funktionalität trifft in gewisser Weise auch auf den Film selbst zu, der sich die Kritik, Hollywood produziere nur noch überteuerte B-Movies, mit gesundem Selbstbewusstsein zu eigen macht.

In 24 Berliner Kinos, OV: Cineplex Neukölln, Cinestar Sony-Center, Colosseum

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