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Asaf Avidan & The Mojos.

© promo

Konzertkritik: Asaf Avidan & The Mojos im Frannz

Der 31-jährige Israeli Asaf Avidan steht in weißem Hemd mit schwarzen Hosenträgern und Irokesenfrisur auf der Bühne vom knallvollen Frannz und beeindruckt dort mit seiner ungewöhnlichen Stimme.

Als erstes ist es diese Stimme, die ins Ohr sticht, und in die Gedanken. Ein bisschen nervig, überzogen, denkt man, wenn man sie zum ersten Mal hört. Wie man es auch damals, vor mehr als vierzig Jahren gedacht hatte, als man zum ersten Mal die Stimmen von Janis Joplin und Robert Plant hörte. Überdreht und hochgepitscht, manieriert und hysterisch, ja: nervig. Aber dann konnte man da auch nicht mehr so einfach weghören, musste immer wieder hinhören, wurde magisch angezogen von diesen Stimmen, bis sie plötzlich nicht mehr nervig waren, und man einen ganz besonderen eigenen Ausdruck in ihnen entdecken konnte. Dunklen Blues, aufgekratzten Rock 'n' Roll, Leidenschaft, Energie. 

Wer ist diese Sängerin fragte ich mich, als ich vor etwa zwei Jahren "The Reckoning", das erste Album von Asaf Avidan & the Mojos hörte. Diese etwas nervig hysterische Stimme hörte sich an wie eine Mischung aus einem weiblichen Robert Plant und einer burschikosen Janis Joplin. Und doch auch wieder unbeschreiblich eigen, dass man dran hängen blieb. Bis sich herausstellte, dass Asaf Avidan keine Frau, sondern ein Typ ist. 

Jetzt steht der 31-jährige Israeli Asaf Avidan in weißem Hemd mit schwarzen Hosenträgern und Irokesenfrisur auf der Bühne vom knallvollen Frannz. Als erstes ist es die Stimme die ins Ohr sticht und in die Gedanken. Eigentlich ist dieser Gesang gar nicht so nervig, denkt man. Aber das denkt man ja schon eine ganze Weile inzwischen: dass diese Stimme doch auch etwas Besonderes ausdrückt. Leidenschaft und Energie in dunklem Blues, zartem Folk, hartem Rock. 

Ganz allein steht Asaf Avidan in der Bühnenmitte, spielt feines, flüssiges Fingerpicking auf einer kleinen Martin-Akustikgitarre und singt mit dieser außerordentlichen Stimme, die trotz ihres Hochschwingens ins feminine Register nie fistelig klingt, oder nach dünner Kopfstimme. Erstaunlich unangestrengt. "Left Behind" und "Reckoning Song" wirken wie muskulöse Folksongs, in denen sich auf interessante Weise die unterschiedlichen Färbungen und Phrasierungen von Janis Joplin und Bob Dylan mischen. 

Jetzt kommt die Band dazu, The Mojos, und gleich versteht man auch, warum Avidan sie immer wieder preist als "Haut, Muskeln und Adern seines Klangkörpers", ohne die er nie geworden wäre, was er heute ist. In Israel sind Asaf Avidan & the Mojos inzwischen Superstars. Die Band ist exquisit. 

"Got It Right". Zwei akustische Gitarren jetzt, Cello, Bass und Schlagzeug mit heftigen Filzklöppeln. Orientalische Skalen, die man früher psychedelisch genannt hätte, und ein brillanter Raumklang. Avidan und Roi Peled wechseln zu Gibson Les Paul, Fender Telecaster und harten Rockriffs. Yoni Sheleg hämmert mit nacktem Oberkörper in seine Trommeln, drischt die Becken. Ran Nir rennt mit schnellen Fingern über seinen Bass. Und Hadas Kleinman streicht ihr Cello heftig schrappend oder sanft elegisch, je nachdem, wie es die Songs verlangen. Die meisten stammen vom gerade in Deutschland erschienenen Album "Poor Boy / Lucky Man". 

Traumhaft schlafwandlerisch hält die Band zusammen und ist dabei hellwach, konzentriert und immer auf der Höhe. Präzise und auf den Punkt. Eine kompakte Einheit, massiver Block, Wand aus Sound. Und immer Led Zeppelin im Kopf. Folk und Blues, Riffs und Grooves, akustisch und elektrisch, besänftigend und elektrisierend. Die feinen Kontraste, laut und leise. Schöne Dynamik. Und natürlich über allem immer diese Stimme. Zurückhaltend untermalt von Akustikgitarren, unterstrichen von melancholischem Cello oder Klavier und heulender Harmonika. 

Oder schwer krachend. Roi Peled spielt schöne, angeschrägte Gitarrenpassagen, die an Marc Ribot erinnern, verdrehten Blues. Tom Waits klingt an, ein Tango, Captain Beefheart, Reggae und riffiger Boogie. Am Ende von "Her Lies" kreischt und jodelt Asaf Avidan, fasst kurz noch einmal in eindrucksvoller A-cappella-Passage alle Eigenarten seiner Stimme zusammen. Leidenschaft und Energie. Zwei Zugaben. Großer Jubel. Tolles Konzert.

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