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Utopist. Romano, bürgerlich Roman Geike, wurde 1977 in Köpenick geboren. 2015 erschien sein Debüt "Jenseits von Köpenick". Am 8. September kommt sein neues Album "Copyshop" bei Universal heraus.

© imago/Olaf Selchow

Pop-Kultur-Festival: Rapper Romano: „Ich will alle umarmen“

Ein Original, das viel sampelt: Der Köpenicker Rapper Romano mixt Hip-Hop mit Schlager und Rock. Im Interview spricht er über Copyshops, Clubkultur – und die Puhdys.

Romano, Ihr neues Album trägt wie die erste Single daraus den Titel „Copyshop“. Was fasziniert Sie am Duplikat?

Ich habe 2000 meine Lehre in einem Copyshop angefangen, als Gestalter für Medientechnik. Danach habe ich immer mal wieder in Copyshops gearbeitet. Ich bin dabei zu einem Wanderer zwischen verschiedenen Welten geworden.

Wie meinen Sie das?

Der Copyshop ist für mich viel mehr als das Ladengeschäft an der Ecke.

Sie sehen den Ort als Metapher?

Ja. Was ist die Kopie? Was das Original? Wer ist der Dieb, wer ist das Genie? Nehmen wir die Gebrüder Grimm. Die haben verschiedene Geschichten gesammelt und dann was dazugeschrieben. Oder die Sample-Kultur im Hip-Hop, die sich am Blues, Funk und Soul bedient. Oder die Fälscherszene in der Kunst.

Moment: Das ist Betrug! Das können Sie doch nicht in einen Topf werfen!

Warum nicht? Großartige Fälscher schaffen es, dass sich Leute deren Bilder aufhängen und denken: ein echter Monet! Erst wenn herauskommt, dass es sich um eine Fälschung handelt, verliert das Werk an Wert. Aber wer legt das eigentlich fest? Wer bestimmt die Werte in der Gesellschaft, Kunst und Kultur? Das sind die Themen, die ich ansprechen möchte.

Man lernt auf Ihrem Album schräge Typen kennen, etwa im Stück „Ufo Joe“. Haben Sie den im Copyshop kennengelernt?

Da bin ich vielen verqueren Gestalten begegnet. Der Copyshop ist ja auch ein sozialer Raum. Es gab zum Beispiel einen Kunden, der sich verfolgt fühlte. Der sicherte seine Wohnung ab, hatte Angst vor der Polizei und dachte, dass geheime Übergaben im Copyshop laufen. Ufo Joe aber ist tatsächlich ein Freund von mir und auch Musiker.

War dieser Freund denn einverstanden damit, auf Ihrer Platte zu landen?

Ja, ich habe mir den Song absegnen lassen. So wie „Mutti“...

...eine eigenwillige und derbe Eloge auf Ihre Mutter...

Ich habe ihr das Stück vorgespielt. Sie war irritiert, weil es einmal heißt: „Wer hat die dicksten Eier? Vamos a la playa!“ Sie sagte: Ich habe doch keine Eier, ich habe Eierstöcke. Ich habe ihr erklärt, dass es sich um ein Synonym dafür handelt, wer die Hosen anhat. Da hat sie sich gefreut.

Mit radikalen Ansagen halten Sie sich diesmal zurück. Auf Ihrem Debüt haben Sie 2015 noch gefordert: „Brenn die Bank ab!“

Das war sehr plakative Kapitalismuskritik. Diesmal wollte ich subtiler vorgehen.

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Also ist ein Lied wie „Ja, ich will“, in dem Sie Fans und Kritiker umarmen, ein politisches Statement?

Total. Es ist ein Plädoyer dafür, sich anderen Menschen anzunähern. Wir zeigen so oft im Alltag auf andere, sind schnell mit Schuldzuweisungen und damit, uns über andere zu erheben. Das ist doch Kindergarten. Ich will alle miteinbeziehen.

Wollen Sie sich deshalb nicht festlegen? Sie bewegen sich auch diesmal wieder musikalisch zwischen Rap, Schlager und Rock.

Ich will mich nicht verlieren in einzelnen Szenen und viele Menschen miteinander vernetzen. Ich merke das bei meinen Konzerten. Da unterhalten sich Metal-Heads mit Hip-Hoppern, Schlager-Fans mit Punks, Homo- mit Heterosexuellen. Das finde ich großartig.

Aber geht es im Pop nicht um Distinktion?

Mag sein, aber ich will alle umarmen. Wer macht das heute noch? Viele möchten sich aus der Masse hervorheben und sind sehr auf sich selbst bezogen. Das interessiert mich nicht. Auf diesem Planeten müssen wir alle miteinander zurechtkommen. Das ist auch mein Ansatz in der Musik. Nur wer die Utopie lebt, macht sie zu seiner Realität.

Sie sind in Ost-Berlin aufgewachsen und haben die Zeit nach dem Mauerfall als Jugendlicher erlebt. Wie hat Sie das geprägt?

Nach dem Mauerfall traf ich einen Freund wieder, dessen Familie zu DDR-Zeiten ausgereist war. Er lebte dann in Spandau und war Techno-DJ. Er nahm mich mit in die Clubs der Stadt. Ich erinnere mich noch an meinen ersten Besuch im Bunker. Es war Herbst, ich hatte eine dicke Thermojacke an.

Nicht gerade das passende Outfit.

Ja. Ich kam in den Club und dachte: Was ist denn hier los? Die Leute trugen Gasmasken und Gummianzüge, es lief Acid-Techno und Gabba, auf der oberen Etage gab es Gangbang-Partys. Ich verstand die Welt nicht mehr. Ich war genauso schockiert wie fasziniert.

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Die Szene hat Sie in ihren Bann gezogen?

Definitiv. Ein anderer Club, in dem ich oft war, war das Exit im ehemaligen Ahorn-Blatt in Mitte. Nur ins E-Werk bin ich leider nie reingekommen. Ich wirkte den Türstehern wohl zu jung oder hatte das falsche Outfit, denn die Lack-und-Leder-Fraktion kam immer rein.

Sie sind später auf Drum'n'Bass-Partys als MC aufgetreten, haben aber gleichzeitig Schlager gesungen. Wie konnten Sie sich zwischen diesen Extremen bewegen?

In meiner Welt hat das funktioniert und war kein Widerspruch. Mit meinen Schlagerliedern bin ich viel auf Hochzeiten und Privatfeiern in Sachsen-Anhalt und Thüringen aufgetreten. Als Schlagersänger ist man nah dran an den Menschen. Das fand ich toll. Wer würde einen Rapper für ein Familienfest buchen? Um wieder runterzukommen und mich auf einen Drum'n'Bass-Auftritt vorzubereiten, habe ich auf der Rückfahrt Black Metal gehört. Das gab mir die nötige Energie.

Also ist die Kunstfigur Romano die Summe Ihrer Erlebnisse?

So ist es. Ich habe viele verschiedene Sachen gemacht, die ich in diesem Projekt zusammenführe. Ich würde gern noch viel ausprobieren. Ich gehe etwa seit Jahren zu einem Gesangslehrer. Da singe ich oft klassische Stücke von Nicola Vaccai. Es wäre reizvoll, das weiter auszubauen.

Jedenfalls nicht fort von Köpenick, wo Sie aufgewachsen sind und noch heute leben.

Köpenick ist für mich das Synonym für die totale Ruhe. Man kann da super runterkommen.

Mit Maschine von den Puhdys, der ebenfalls in Köpenick lebt, haben Sie nun einen Song aufgenommen. War er einer der Helden Ihrer Kindheit?

Logisch. Mein Vater hatte viele Puhdys-Schallplatten, die haben meine Kindheit geprägt. Ich bin mit Maschines Sohn Andy befreundet. Von Andy wusste ich, dass sein Vater meinen Song „Köpenick“ mochte. Ich habe ihm erzählt, dass ich gern mal mit Maschine was machen würde. Er gab ihm meine Nummer, und am Abend klingelte mein Telefon.

Waren Sie nervös?

Und wie! Wir verabredeten uns, er kam zu mir ins Studio und wir nahmen zusammen das Lied „Karl May“ auf.

Darin geht es um eine Vater-Sohn-Beziehung.

Maschine war für mich im Studio tatsächlich wie ein väterlicher Freund. Das hat mir bei allem Respekt imponiert. Er hat dieses Feuer in den Augen, das finde ich toll. Er macht immer weiter, bis zur Rockerrente. Davor ziehe ich den Hut.

Das Gespräch führte Nana Heymann.

Romano tritt am Do, 28.4. beim Pop-Kultur-Festival auf. Das Festival auf dem Gelände der Kulturbrauerei beginnt am Mittwoch.

Weitere Infos unter www.pop-kultur.berlin.de

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