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Feuerprobe. Iván Fischer dirigiert und inszeniert Mozart im Konzerthaus.

© Uwe Arens/Konzerthaus

Oper im Konzerthaus: Mozart bei Stulle & Molle

Iván Fischer inszeniert und dirigiert Mozarts „Zauberflöte“ im Konzerthaus.

Dass ihn die Arbeit an einem Opernhaus nicht mehr reizen kann, hat Iván Fischer gleich zu Beginn seines Chefdirigats beim Konzerthausorchester verkündet. Und jeder, der den umtriebigen Ungarn auch nur ein Augenzwinkern lang kennt, konnte da heraushören: Wartet mal ab, was ich am Gendarmenmarkt auf die Beine stellen werde. Das Konzerthaus hat immerhin eine stolze Musiktheatergeschichte. Hier wurde der „Freischütz“ erstmals aufgeführt, der zu unvorstellbarer Popularität gelangen sollte.

Sie hatte schon Mozart im Blick, als er seine „Zauberflöte“ für das Wiener Vorstadtpublikum maßschneiderte. Sein Librettist und Papageno Emanuel Schikaneder sprach natürlich wienerisch. Fischer, in Personalunion Regisseur und Dirigent wie einst Mahler und Karajan, weiß das genau. Er hat die ellenlangen Sprechtexte schon immer von Schauspielern in der Landessprache spielen lassen, in Budapest, Abu Dhabi und London. Und nun passiert etwas Schlimmes: Fischer folgt dem Irrglauben, in Berlin spreche man berlinerisch – und je mehr davon, desto lustiger. Um vollends in falsche Volkstümlichkeit einzubiegen, tut der Regisseur-Dirigent so, als würde er seine sechs Schauspieler ad hoc aus dem Publikum im Saal rekrutieren.

Diese wackeligen Spielchen können aber nie kaschieren, dass es sich bei Fischer durch und durch um einen Mozart-Traditionalisten handelt. Und dem ist letztlich jeder Ton heilig – was ja auch durchaus sein Gutes hat. Nie haben etwa die drei Damen aus dem Gefolge der Königin der Nacht besser zusammen geklungen. Auch das sorgfältig abgerundete Klangbild muss man dem top motivierten Konzerthausorchester erst einmal nachmachen. Es agiert mal in einem improvisierten Orchestergraben vor der Bühne, manchmal hinter der Szene, im inneren des Weisheitstempels, der nicht zufällig dem eigentlichen Orchesterpodium entspricht. Zwischen den Orten müssen die Musiker geduckt zu ihren Sitzen eilen, um die Projektionen nicht zu stören. Sie zeigen die „Zauberflöte“ als naives Kinderbuch mit unbewältigten Fantasyeinflüssen. Die Sänger fühlen sich in Fischers Welt aufgehoben, befreit von jeglicher Sprechtextlast, weich gebettet auf gemessen taktiertem Wohlklang, ohne szenische Herausforderungen. Doch dem Zuhörer wird die Zeit darüber lang. Und er denkt daran, wie wohl Nikolaus Harnoncourt mit weit aufgerissenen Augen in diese gute Mozart-Stube hineingestürmt wäre. Bei ihm hat Fischer gelernt, vor langer Zeit, als er noch an Opernhäusern dirigieren wollte.

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