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Vor der Liebe sind alle gleich. Andreas Post und Katharina Ajyba.

© Festival Schloss Britz

Oper auf Schloss Britz: Ich zitter’, wenn ich einen Ehemann witter’

Die Sommeroper auf Schloss Britz gräbt in diesem Jahr Carl Ditters von Dittersdorfs "Lustige Weiber von Windsor“ aus.

„Ich bin so kahl, der Mangel droht, was rettet mich vorm Hungertod?“ Ritter Falstaff ist pleite und macht sich deshalb per Liebesbrief an zwei reiche Damen heran. Doch dummerweise sind die beiden Frauen gut befreundet – und der Plan des selbstverliebten Angebers fliegt auf, nachdem er zwei wortgleiche Briefe überbringen lässt. Nun wird man dem Schwerenöter zeigen, dass die „Weiber aus Windsor“ nicht auf zweifelhafte Liebesversprechen hereinfallen.

Doch was heißt hier eigentlich „Windsor“? Librettist Georg Christian Römer hat um das Jahr 1790 Shakesspeares Komödie für den Komponisten Carl Ditters von Dittersdorf nämlich komplett „eingedeutscht“. Sir John Falstaff nennt sich im Britzer Kulturstall deshalb nun „Hans“, der Liebhaber der jungen Luise nicht Fenton, sondern „Warneck“. Gesungen wird der junge Mann außerdem von einer Sopranistin, während die junge Luise vom hervorragenden Bariton Andreas Post verkörpert wird.

Alle Darsteller spielen mehrere Charaktere

Männer in Frauenkleidern, Frauen in Hosenrollen: Dieses „schöne Durcheinander“ auf der Bühne ist einerseits inhaltlich begründet, erzählt Dramaturgin Bettina Bartz. Die „multiplen Sängerpersönlichkeiten“ sind andererseits aber auch ein Resultat des schmalen Budgets. Und so singen und spielen die fünf Sängerinnen und Sänger jeweils zwei oder drei Charaktere. Darunter auch Falstaffs Wirtin „Frau Klapper“, die von Hans Piesberg umwerfend komisch gespielt wird, mit wunderbarer Mimik, einer tollen Perücke und in Puschel-Pantoffeln.

Überhaupt ist die schauspielerische Leistung aller Sängerinnen und Sänger beeindruckend, was die rund 200 Zuschauer aufgrund der Besonderheiten des lauschigen Spielorts ganz nah an der Bühne erleben dürfen. Und dort staunt man über Schuhe, Kleider und wunderbare Frisuren: Falstaff trägt Rastalocken, die Damen fantasievolle Zopfschnecken, der höchst eifersüchtige Herr Wallauf eine kesse Haartolle.

Dittersdorf war mit Mozart und Haydn befreundet

Die kurzweilige Verkleidungskomödie hat die Regisseurin Tatjana Rese in einem durchgängig grünen Ambiente in Szene gesetzt: Grün ist der Bühnenrasen, grün der umgeschnallte Bauch des Falstaff, grün die Regentonne, in die sich der Ritter stecken lässt, als Unheil droht. Dazu singt Tye Maurice Thomas mit seinem mächtigen, hier fast zu kräftigen Bass von der Angst des Angebers: „Ich zitter’, wenn ich einen Ehemann witter’“. In den Arien und Duetten merkt man deutlich, dass Dittersdorf mit Mozart und Haydn befreundet war. Und beim Ensemble-Finale im Wald scheint dann auch noch Beethovens „Ode an die Freude“ kurz thematisch aufzuleuchten – was musikhistorisch sogar denkbar ist, denn Dittersdorf hat sein Singspiel 1796 auf die Bühne gebracht. Beethoven hätte als junger Mann also im Publikum sitzen können. Und er hat ja später tatsächlich musikalische Themen seines älteren Kollegen für eigene Variationen benutzt.

Eine tolle Wiederentdeckung

Ob Dittersdorfs „Lustige Weiber aus Windsor“ tatsächlich in eine Reihe mit den berühmten Singspielen von Wolfgang Amadeus Mozart gehören, konnte bisher nur hypothetisch diskutiert werden. Denn das Stück war auf keiner Bühne zu erleben, auch existiert bis heute keine CD-Einspielung. Der Grund: Durch einen Wasserschaden wurde vor langen Jahren die Partitur fast vollständig zerstört. Erst der engagierte Opernentdecker Georg Hermansdorfer hat das heitere Werk ab 2009 über mehrere Jahre hinweg in „2500 Stunden Puzzlearbeit“ restauriert.

Nun kann man sich in Britz überzeugen, dass Dittersdorf, dieser Komponist „irgendwo zwischen Haydn und Mozart“, ein Singspiel voller musikalischer Einfälle und Überraschungen geschaffen hat. Etwa die anrührende Arie der Frau Wallauf, „Hoffnung, schön wie Morgenröte“, mit wunderbaren Koloraturen der Sopranistin Andrea Chudak. Sie kann im nächsten Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum im Ensemble des Britzer Opernfestivals begehen. Bereits in diesem Jahr aber darf man mit den „Lustigen Weibern“ die Wiederentdeckung eines wichtigen Singspiels feiern.

Weitere Aufführungen am 1. und 2. 9., jeweils 19.30 Uhr, sowie am 3. 9., 16 Uhr.

Hans Ackermann

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