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Erst das Schreiben, dann die Musik: Nick Cave an der Schreibmaschine, er sagt Tag und Nacht

© Verleih

Nick-Cave-Biopic "20.000 Days On Earth": Von hier bis zur Ewigkeit

Die Erinnerungen sind das Allerkostbarste: Nick Cave zeichnet von sich in dem Film "20.000 Days On Earth" ein Porträt des Künstlers als alternder Mann.

Mit Rockmusikerbiografien ist es so eine Sache: Sie sind meist zu lang, zu verschwatzt, zu detailliert, in der Regel langweilig. Mit Rockmusikerautobiografien verhält es sich ähnlich, es sei denn, sie sind von Bob Dylan. Oder von Nick Cave, der sich zudem eines anderen Mediums bedient, das des Films. Nick Cave hat das Drehbuch zu Iain Forsyths und Jane Pollands Film „20 000 Days On Earth“ geschrieben und ist dessen Hauptdarsteller. Dieser Film ist gleichermaßen fiktiv wie dokumentarisch, gewissermaßen ein Nick-Cave-Auto-Biopic.

Erzählt wird ein Tag im Leben des 57 Jahre alten, in Brighton lebenden Musikers: wie er aufsteht, schreibt, beim Analytiker sitzt, Auto fährt – manchmal sitzen neben ihm alte Weggefährten, Ray Winstone, Blixa Bargeld, Kylie Minogue. Oder wie er im (natürlich fiktiven) Cave-Archiv seinen Vorlass ordnet. All das bietet ihm Gelegenheit, Stationen seines Lebens abzuschreiten. Cave erinnert sich an seine Kindheit, an den Vater (der ihm aus Nabokovs „Lolita“ vorlas), an die BirthdayParty-Jahre, die Berliner Zeit, das Duett mit Minogue.

Nick Cave lebt in einer Kreativwelt - und in der "echten" Welt, in seinem Alltag

Das Bemerkenswerte: All diese Erinnerungen, Geschichten und Dialoge dienen vor allem dazu, das Wesen des Künstlers Nick Cave zu illustrieren; das Leben eines Songschreibers und Rockstars, der schon früh ein anderer sein wollte, einer, dem es um Verwandlung geht. „20 000 Days On Earth“ funktioniert als Werkstattbericht mit Studioaufnahmen, immer wieder sieht man Cave mit seinem Kompagnon Warren Ellis Stücke des Albums „Push The Sky Away“ einspielen. Andererseits ist der Film ein Porträt des Künstlers als alternder Mann, eine Art Poetologie.

Nick Cave spricht von der „echten“ Welt, in der er Termine einhält, mit der Frau im Bett liegt, mit den Söhnen Fernsehen schaut, Musik macht. Und er spricht – dann ertönt seine Stimme aus dem Off – von der anderen, der kreativen Welt, in der er schreibt, Tag und Nacht. In dieser Welt erschafft er Monster und Helden, vergegenwärtigt er sich seine „einzigartigen, kostbaren Erinnerungen“, arbeitet er diese zu „Geschichten und Mythologien“ um, probiert noch die winzigsten Ideen, um daraus etwas Großes, Einzigartiges zu machen.

Schließlich skandiert er live auf der Bühne „I’m transforming, I’m vibrating, I’m glowing“, und dazwischen blitzen immer wieder Aufnahmen alter Auftritte auf. Das ist perfekt – und man weiß, dass Nick Cave seine Jugend, sein Alter und seine zwei Welten aufs Schönste zusammengebracht hat.

OV: Cinestar SonyCenter; OmU, Hackesche Höfe, International, Odeon, Off

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