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Die junge Julieta (Adriana Ugarte) im Zugabteil.

© Tobis

Neuer Film von Pedro Almodóvar "Julieta": Die verschwundene Tochter

Pedro Almodóvars neuer Film "Julieta" basiert auf Kurzgeschichten der Literaturnobelpreisträgerin Alice Munro. Trotz bester Voraussetzungen wirft der Film mehr Fragen auf, als er beantworten kann.

Julieta, Anfang 50, lebt in Madrid und bereitet sich darauf vor, mit ihrem geliebten Lorenzo nach Portugal zu ziehen, worauf die beiden sich schon lange freuen. Dann aber begegnet sie einer Kinderfreundin ihrer Tochter, zu der sie keinen Kontakt mehr hat, und plötzlich ist alles ganz anders. Sie gibt Lorenzo den Laufpass, zieht aus ihrer großzügigen, ein wenig steril wirkenden Wohnung wieder in das alte Haus, in dem sie früher mit ihrer Tochter wohnte, und beginnt, ihrem Kind einen Brief zu schreiben. Und schon ist Julieta wieder eine 25-jährige Lehrerin im spanischen Süden.

Pedro Almodóvars Film "Julieta" aber bleibt nicht bei der Perspektive seiner Protagonistin, die damals den Fischer Xoan heiratete, zu ihm ins raue Galizien zog und mit ihm die Tochter Antia bekam. Auch die Stimmen Xoans und seiner Haushälterin erzählen aus dem Off, aber die Beziehung zwischen Julieta und Xoan ist trotzdem oder gerade deshalb kaum nachvollziehbar. Erst recht nicht, warum ein relativ banales Ereignis plötzlich in die Katastrophe führt und diese wiederum zu Spätfolgen: Als junges Mädchen verschwand Antia einfach – ein Umstand, der Julietas Leben immer noch bestimmt. Die zweite Hälfte des Films beschäftigt sich dann auch, allerdings nicht sehr geradlinig, mit der Aufklärung dieses Rätsels.

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Die Geschichte eines Frauenlebens und gleichzeitig die Geschichte einer großen Liebe, über 25 Jahre erzählt von dem als Frauenregisseur gefeierten Pedro Almodóvar – da sollte eigentlich nichts schiefgehen. Und wenn dann noch die kanadische Literaturnobelpreisträgerin Alice Munro die Grundlage fürs Drehbuch liefert, wohl erst recht nicht. Leider ist aber „Julieta“ kein großer Film geworden, noch nicht einmal ein durchweg unterhaltsamer. Von der unnötig verschachtelten Rückblendenstruktur bis hin zu den vielen Voice-over-Kommentaren, die jahrelange Entwicklungen in zwei Sätze zusammenfassen, als ob es keine Montagesequenzen gäbe, wirkt die Dramaturgie unkonzentriert.

Die Kurzgeschichten von Alice Munro eignen sich nicht als Filmstoff

Almodóvar, der für das Drehbuch gleich drei Kurzgeschichten von Munro adaptiert hat, konnte sich offenbar nicht entscheiden, was er erzählen wollte und um welche Figur es ihm eigentlich ging. Dass er in der Lage ist, großartige Ensemblefilme ohne eindeutige Protagonisten zu drehen, hat er in den 1980er Jahren mit „Womit hab’ ich das verdient“ (1984) oder „Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs“ (1988) bewiesen. Dafür aber eignete sich in diesem Fall der von ihm gewählte Stoff nicht.

Und dass sich zwei Schauspielerinnen, Emma Suárez und Adriana Ugarte, die Rolle der Julieta teilen, macht den Alterungsprozess der Figur zwar glaubwürdiger, erschwert aber die Identifikation mit ihr. Julieta bleibt in der Distanz, und das hat sie tatsächlich mit den spröden Protagonistinnen der Short Stories von Alice Munro gemeinsam. Offenbar muss die arme Julieta Schuld aus gleich mehreren Quellen auf sich nehmen, um ein Motiv für das Verschwinden der Tochter zu liefern. Überzeugender aber wird der Film dadurch auch nicht.

Blauer Stern Pankow, Cinema Paris, Cinemaxx, FaF, Kant, Yorck; OmU: Odeon, Hackesche Höfe, Kulturbrauerei, Rollberg

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