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Römer-Kloppe. Obelix räumt auf.

© Didier Conrad/Egmont

Neuer Asterix: „Der Papyrus des Cäsar“: Der Leak des Polemix

Beim Teutates, ich hab' den Anhang vergessen! Im neuen Asterix-Band „Der Papyrus des Cäsar“ kommen die Gallier im Internetzeitalter an.

Beim Jupiter! Der Palast von Cäsar hat eine undichte Stelle. Ein Kapitel seiner Memoiren, das nicht für die Veröffentlichung bestimmt ist, wurde von einem Lohnschreiber namens Bigdatah entwendet. Der handelt aus Idealismus, denn der Inhalt des Papyrus ist brisant, der Schreiber will die Unterdrückung wichtiger historischer Informationen verhindern. Also übergibt er die Schriftrolle Polemix, dem Rom-Korrespondenten der „Gallischen Revue“.

Der erfahrene „Kolporteur von Neuigkeiten“ erkennt das Skandalpotenzial des Dokuments sofort, geht es darin doch um „Rückschläge im Kampf gegen die unbeugsamen Gallier in Aremorica“. Es ist der Beweis, dass die Römer nicht ganz Gallien besetzt halten – vom großen Feldherren selber beschrieben.

Der Kampf um diesen „Papyrus des Cäsar“ steht im Zentrum des 36. Bandes der „Asterix“-Serie. Das von „De bello gallico“ inspirierte Werk erscheint am heutigen Donnerstag mit einer weltweiten Startauflage von vier Millionen Exemplaren und wurde streng geheim gehalten. Ironischerweise gab es bei dem Comic mit der Wikileaks-artigen Handlung selbst einen Leak: In einer Münchner Buchhandlung lag er schon zwei Tage vor Verkaufsstart aus – eine kleine Panne am Rande des großen Spektakels um einen Pop-Kulturklassiker, der immer noch eine ungemein treue Fangemeinde hat. Allein durch die Vorbestellungen führt der Band derzeit schon die deutschen Amazon-Verkaufscharts an.

Zeichner Didier Conrad trifft Uderzos Stil perfekt

Es ist das zweite Abenteuer der Gallier, das Texter Jean-Yves Ferri und Zeichner Didier Conrad verantworten, die beide 1959 zur Welt kamen, dem Jahr, als die erste „Asterix“-Geschichte veröffentlich wurde. Offenbar ein gutes Omen, haben die beiden die Serie doch aus einer schweren Krise geführt. Schon nach dem Tod des Texters René Goscinny hatte der von Zeichner Albert Uderzo alleine fortgeführte Comic an Niveau verloren. Die letzten beiden Bände – der Außerirdischen-Quark „Gallien in Gefahr“ (2005) und „Asterix & Obelix feiern Geburtstag“ zum 50. Jubiläum der Reihe – waren die traurigen Tiefpunkte der Serien-Geschichte. Offenbar musste auch der mittlerweile 88-jährige Uderzo einsehen, dass die französischen Superhelden einen frischen Start brauchen. So gab er – wohl auch bedrängt vom Verlag – seinen Segen für das neue Team, das sich vorher gar nicht gekannt hatte und nun vor allem per Internet zusammenarbeitet, weil Zeichner Didier Conrad in Kalifornien wohnt.

Cäsars Berater überzeugt ihn, ein Kapitel seines Buches zu streichen.
Cäsars Berater überzeugt ihn, ein Kapitel seines Buches zu streichen.

© Egmont Ehapa Media

Bei ihrem ersten Band, dem vor zwei Jahren veröffentlichten „Asterix bei den Pikten“, machten sie ihre Sache bereits gut, ein Aufatmen ging durch die Fan- und Kritikergemeinde. Conrad traf den Stil von Uderzo perfekt und die in Schottland bei einem Stamm tätowierter Dörfler angesiedelte Geschichte stellte sich souverän in die Tradition von Reise-Abenteuern wie „Asterix bei den Schweizern“ oder „Asterix bei den Briten“ – ohne dabei sonderlich zu überraschen.

Für das neue Werk scheinen sich Terri und Conrad ein bisschen mehr vorgenommen zu haben, sie trauen sich weiter vor. So hat ihre Geschichte einen hohen Gegenwartsbezug , ist aber gleichzeitig absolut glaubwürdig im altbekannten gallisch-römischen Universum verankert. Schon die erste Dorf-Szene ist wunderbar gelungen: Der Postbote Rohrpostix liefert die „Gallische Revue“ aus und Abonnent Sputnix liest das Wichtigste schnell vor. Auch die Kunde von Cäsars gerade erschienenem Bestseller „Kommentare zum Gallischen Krieg“ erreicht so Aremorica. Das interessiert die Bewohner allerdings weit weniger als das neueste Horoskop des Druiden Apollosix. Für Asterix und Obelix, die beide im Zeichen der Eberesche geboren sind, lautet der Rat: „Meiden Sie Konflikte, mehr Selbstkritik, weniger Wildschwein“, was vor allem für den Mann in der blau-weiß gestreiften Hose im Verlaufe der Geschichte zu einer hirn- und magenzermarternden Herausforderung wird.

Eigentlich messen die Gallier Geschriebenem keine große Bedeutung zu, sie vertrauen auf die mündlich Überlieferung. Deshalb versetzt sie der von Polemix aufgeregt herumgezeigte Papyrus auch kaum in Wallung. Nach Schlagzeilen, wie sie in den Denk- und Sprechblasen des „Journalist“ mitunter aufblitzen, steht ihnen nicht der Sinn. Allerdings soll Cäsars Niederlagen-Report auch nicht verloren gehen, weshalb Miraculix vorschlägt, den Papyrus zu Archaeopterix zu bringen, dem geheimen Hüter des gallischen Wissens. Der merkt sich alles und sagt es dann zu gegebenen Zeitpunkt einem anderen Druiden weiter. Die berühmte Mund-zu-Ohr- Kommunikationstechnik.

Mit dem neuen Band kommt wieder Schwung und Esprit in die Serie

Da sind die Römer schon etwas fortschrittlicher, sie haben nicht nur Zeitungen, Bücher und die gute alte Post, sondern verfügen auch über ein hochmodernes Brieftauben-System. Dieses antike Internet-Äquivalent wird auf einer Seite liebevoll vorgestellt, denn es spielt eine zentrale Rolle im „Papyrus des Cäsar“, der viele Gags über das Medium enthält. Besonders hübsch ist die Szene, in der drei römische Späher endlich kapieren, wohin Asterix, Obelix und Miraculix den Papyrus gebracht haben. Sie wollen Meldung an ihr Lager machen. „Trifft sich gut, wir haben noch eine Taube“, sagt ein leicht übermüdeter Legionär und schickt den Vogel auf die Reise. Flapp, flapp, entschwindet er in der Nacht. „Nein, warte!“, ruft sein Kollege. „Wir haben den Anhang vergessen ...“

Ferri und Conrad bringen mit dem neuen Band wieder Schwung und Esprit in die Serie. Die Späße sind weniger altbacken und klischeehaft, wobei viel Wortwitz auch in Klaus Jökens Übersetzung erhalten bleibt. Asterix bleibt zwar für immer im Jahr 50 vor Christus, doch jetzt scheint er endlich in diesem Jahrtausend angekommen zu sein.

Jean-Yves Ferri & Didier Conrad: Der Papyrus des Cäsar. Aus dem Französischen von Klaus Jöken. Egmont Ehapa Verlag, 48 S., 12 €.

Ein Interview mit Jean-Yves Ferri und Didier Conrad lesen Sie hier.

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