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Max Schröder: Kleine Lieder über Liebe

Max Schröder spielte Schlagzeug für Tomte, Olli Schulz und Jürgen Vogel. Sein zweites Soloalbum heißt „Max Schröder und das Love“ und verbindet Blues, Soul und Rock mit deutschen Texten. Jetzt ist der Multiinstrumentalist aus Prenzlauer Berg damit auf Tour.

Der Gefahr des Scheiterns muss man trotzen. Wie das geht, verrät Max Schröder gleich im ersten Song. Darin fährt einer mit dem Boot raus und ruft heiser „Ja“. Und dann macht er uns „nur, nur Mut / nur, nur Mut“. Als wolle er sagen: Es ist gut, dass die Gefahr existiert. Denn in ihrer Überwindung liegt die Kraft.

Das künstlerische Scheitern nimmt der Tomte-Schlagzeuger und Multiinstrumentalist Max Schröder mit seinem zweiten Soloalbum offensiv in Kauf. Denn „Max Schröder und das Love“ ist ein eigenwilliges Werk. Eines, das Blues, Northern Soul und Rock mit deutschen Texten verbindet. Ein gerade in den Texten schlichtes, einfaches Rockalbum, das erst mal so gar nicht nach 2013 klingt. „Die Angriffsfläche, die ich biete, ist groß“, sagt der 39-Jährige, „das war mir klar.“ Aber solche Überlegungen hat er im Schaffensprozess beiseite geschoben. „Ich wollte es intuitiv geschehen lassen, jedes Kalkül vermeiden. Ich wollte nur vor mir selbst bestehen. Die Erwartungen von außen blende ich aus.“

Er hat viel riskiert und fast alles gewonnen. Denn „Max Schröder und das Love“ packt einen gerade deshalb, weil es so geerdet, so profan ist. Zu stampfenden, dann wieder sanften Rhythmen singt er Texte, aus seinem Leben – eins zu eins. Er scheut sich nicht, unverschlüsselt und unvermittelt das kleine Glück zu besingen. Mal sieht er seine „Tochter glücklich wachsen“, mal genießt mit seiner Liebsten das Leben: „Mein Mädchen, mein Mädchen / wir tanzen zu sehr seltsamer Musik.“

Max Schröder, in der Nähe von Oldenburg aufgewachsen, ist eigentlich seit jeher fast überall dabei, aber nicht so gerne mittendrin. Bei der wenig bekannten, dafür umso besseren Bremer Punkband Queerfish spielte er in den Neunzigern Gitarre und sang, später begleitete er den Liedermacher und Entertainer Olli Schulz als Der Hund Marie. Seit 2005 ist er Schlagzeuger der Indierock-Band Tomte. Aktuell sitzt er zudem für die Berliner Singer-Songwriter-Gruppe Die Höchste Eisenbahn an den Drums. Und dann arbeitet er noch mit der mittlerweile sehr erfolgreichen Sängerin Leslie Clio zusammen, die beiden sind derzeit auf Tour. Zwischendurch trommelte Schröder 2004 für die Hansen Band, die im Zentrum des Films „Keine Lieder über Liebe“ stand. Jürgen Vogel spielte darin den Sänger. Bei den Dreharbeiten lernte Schröder seine spätere Frau kennen, die Schauspielerin Heike Makatsch. Mit ihr hat er zwei Töchter, die Familie wohnt in Prenzlauer Berg. Und er musste sich an deutlich mehr öffentliches Interesse gewöhnen, als ihm lieb war.

Oden an das einfache Leben

Hört man diesem Max Schröder, der auf dem Plattencover mit Rasseln in der Hand und abgewetzten Turnschuhen an den Füßen abgebildet ist, die knapp 35 Minuten Albumlänge zu, wird klar, dass er das Werk sicher nicht herausgebracht hat, um nun endlich solo groß rauszukommen. Dazu setzt er zu sehr auf gutes, altes Handwerk, das ja mittlerweile etwas aus der Mode gekommen ist. „Ich bin kein Karrierist“, sagt der Musiker, und an einer Stelle singt er das auch. Ursprünglich waren die zehn Songs, die er zusammen mit dem Freund und Produzenten Nikolai Potthoff eingespielt und aufgenommen hat, gar nicht zur Veröffentlichung gedacht. „Wir waren immer nur zu zweit im Studio und haben in zwei kurzen Zeitfenstern sehr intensiv und auf den Punkt gearbeitet“, sagt er, „keine Ausschweifungen, kein Luxus, keine Zeit zu verlieren.“

Wichtig sei ihm gewesen, sich „frei von Verwertungssystemen“ im Studio zu bewegen. Derartige Aussagen würden bei den meisten anderen Musikern wie Floskeln klingen. Wenn man sich aber mit einem Album so offensichtlich verweigert, ergeben die Worte durchaus Sinn.

Auf „Max Schröder und das Love“ sind reichlich Schellenkränze, Rasseln und bluesige Gitarren zu hören, die an Songwriter der sechziger und siebziger Jahre erinnern. Die Erklärung für diesen Sound liefert der Sänger gleich mit: „Ich seh’ mir das an/ ich bin kein moderner Mann“, heißt es im vierten Stück. Da sich das Motiv des einfachen, ehrlichen Mannes durch das Album zieht, bekommt es einen leichten Cowboy-Gestus. Und dann ertönen auch noch diese Chöre dazu – „U-hu-hu“, „A-ha-ha“, „Uoh-oh-h“ –, und zwar nicht zu knapp. Hier schrammt die Platte knapp am Gospel vorbei. Sie funktioniert trotzdem. Oder gerade deshalb. Denn in den besten Momenten wirkt sie so beharrlich wie Tom Waits und so dringlich wie Joe Strummer erscheint – ohne so zu klingen. Es ist eher eine Frage der Haltung. Für Max Schröder ist das Musikmachen weiterhin eher Selbstfindungsprozess als das Perfektionieren von Klang.

Ist es in diesem Sinne ein hoffnungsvolles Werk? „Das Album antwortet ja“, erklärt Schröder. „Es geht darum, Kraft aus etwas zu schöpfen, das nicht an äußere Bedingungen geknüpft ist. Einen Weg zu gehen, ohne Erfolg oder eine Belohnung zu erwarten. Die Gewissheit: Ich mache das um seiner selbst willen.“

Schröder riskiert auch mit seinen Wortspielen und Zitaten viel – aber auch hier wirkt keine Zeile peinlich oder platt. Wenn er etwa „Ich hab’ das verrückt / ich werde Gefühl“ singt, harmoniert das perfekt mit der Musik. Es sind kleine Aphorismen und Fabeln, die Schröder mit dem Album hinterlässt. Dass er nicht um jeden Preis zeitgeistig klingen will, tut der Platte gut. Wenn er die Musik als Selbstzweck feiert oder Oden an das einfache Leben schreibt, ist das Statement genug.

Die einzige Einschränkung: Es gelingt Max Schröder nicht, seine Stärken über die volle Distanz des Albums durchzuhalten. Es gibt darauf auch ein, zwei schwächere Stücke. Doch das sollten die Hörer in Kauf nehmen. Sie werden mit vielen mitreißenden Songs entschädigt.

Konzert: Festsaal Kreuzberg, 27.4., 20 Uhr (Support für Leslie Clio)

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