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Szene aus "Töchter".

© peripherfilm

Maria Speths "Töchter": Zwei Leben

Im Februar feierte Maria Speths "Töchter" auf der Berlinale Premiere. Nun kommt das düstere Kammerspiel über eine Mutter und zwei verlorene Mädchen ins Kino.

Die Figuren könnten aus Christian Petzolds „Gespenster“ hereingeweht sein, wo eine französische Mutter in Berlin statt der verlorenen Tochter ein obdachloses Mädchen findet. Oder sind sie eine Fortsetzung von Maria Speths eigenem Film „Madonnen“ (2007), in dem Sandra Hüller eine scheiternde junge Mehrfach-Mutter spielte? Wie Petzold zählt auch Speth seit ihrem Debüt „In den Tag hinein“ (2001) zu den Filmemachern der sogenannten Berliner Schule, die eher unterkühlt und spröde aus dem Leben der vereinigten Republik berichten. Dabei fordert ihr jüngster Film, der im Februar im Berlinale-Forum Premiere hatte, die Zuschauer besonders heraus: Abgesehen von seinem sperrigen Kunstwillen bietet „Töchter“ kaum Reize.

Geballte Negativität

Die Zutaten solchen Verweigerungskinos sind bekannt. Statt visueller Schauwerte extreme Enge im Stadtdunkel, Mietwagen oder Hotel. Statt Handlung ein fragmentarischer Plot, der nervenzerrend auf der Stelle tritt. Und statt kompakter Charaktere zwei Hauptfiguren, die nichts als geballte Negativität ausstrahlen. Große Schauspielerinnen mühen sich hier in undankbarsten Rollen: Corinna Kirchhoff muss in Nina-Hoss-Manier als Agnes eine apathisch vor sich hin starrende Mittfünfzigerin geben, die bei der Berliner Polizei erst ein totes Mädchen identifizieren soll und später auf der Suche nach ihrer verschwundenen Tochter durch reale Obdachlosentreffs irrt. Und die 1977 geborene Kathleen Morgeneyer vom Deutschen Theater schlägt sich als Ines tapfer als übergriffiges Straßenmädchen, das sich für eine Künstlerin hält.

Zusammengeführt werden sie durch einen Verkehrsunfall: Agnes ist betrunken am Steuer, Ines lässt sich mit Absicht vor Autos fallen. Und drängt sich später mit Vehemenz in das Leben der Älteren. Dass diese das hinnimmt, lässt sich drehbuch-logisch mit Schuldgefühl erklären, wirkt aber so wenig plausibel wie jegliche Regung in diesem Film.

Bemühen um filmische Originalität

Keine Frage, hier regiert das Bemühen um filmische Originalität, das Ergebnis aber kommt über ein manieriertes Beziehungs-Horrorstück aus der Kammerspielkiste nicht hinaus. Schön immerhin die präzise austarierten unterkühlten Bilder von Reinhold Vorschneider, der als Kameramann auch für Angela Schanelec und Benjamin Heisenberg arbeitet. Vorschneider hatte auch Maria Speths Dokumentation „9 Leben“ gefilmt, der vor drei Jahren als Spin-Off während der Recherchen zu „Töchter“ entstand. Neun auf der Straße lebende Jugendliche erzählten darin aus ihrem Leben – nicht draußen im Obdachlosendschungel, sondern fein ausstaffiert im Studio. Der Verfremdungseffekt funktionierte großartig. Und war in seinem Reichtum an Gefühlsschattierungen meilenweit von diesem Spielfilm entfernt.

Brotfabrik, fsk, Hackesche Höfe

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