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Der belgische Musikwissenschaftler und Dirigent Jan Caeyers.

© Marco Borggreve

Le Concert Olympique im Kammermusiksaal: Wenn Dirigenten zu viel reden

Vom leisen Kitzeln bis zum leidenschaftlichen Glühen: Le Concert Olympique spielen Haydn und Beethoven im Kammermusiksaal.

Maximilian Hornung kann sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen. Zusammen mit der Geigerin Antje Weithaas und dem Pianisten Till Fellner sitzt der Cellist auf dem Podium des Kammermusiksaals. Gerade eben erst ist Joseph Haydns 104. Symphonie mit dem belgischen Orchester Le Concert Olympique unter der Leitung von Jan Caeyers verklungen. Und weil Caeyers auch ein beredter polyglotter Musikwissenschaftler ist, der eine viel beachtete Beethoven-Biografie verfasst hat, dachten die Veranstalter, dass es eine gute Idee sein könne, ihn auch zu Wort kommen zu lassen und noch vor der Pause das nach der Pause angesetzte Tripelkonzert von Beethoven dem Publikum erläutern zu lassen.

Es ist aber vielleicht doch keine so gute Idee. Nicht nur, dass beim Publikum der innere Nachhall, den Haydns klar differenzierte, mit trocken vibratoloser, aber gleichzeitig packender Leidenschaft musizierte Symphonie hinterlassen hat, durch den Zwang, sich nach dem Schwelgen im Reich der Emotionen auf das Wort konzentrieren zu sollen, jäh abgedämpft wird. Es fehlt Caeyers’ herausströmenden Erläuterungen auch an didaktischer Einhegung, sodass die Solisten sich oft minutenlang die Beschreibung von musikalischen Vorgängen anhören müssen, die sie sofort mit ein paar Bogenstrichen exemplifizieren könnten. Und trotzdem lächelt nicht nur Maximilian Hornung – denn natürlich hat das große, fast kindlich begeisterte Solo des wortmächtigen Dirigenten jenseits der Worte selber etwas Musikalisches.

Nicht oft hört man Beethovens Tripelkonzert so überzeugend

Zudem weiß sich der Musiker Caeyers nach der Pause auch wieder zurückzunehmen und der Energie der Solisten Raum zu geben. Mit entsprechend großer Wirkung: Nicht oft hört man Beethovens unterbewertetes, formal ungewöhnliches Tripelkonzert so überzeugend als einen aus dem Geiste des spontanen kammermusikalischen Dialogs in eine symphonische Dimension ausgreifenden Prozess. Dessen Energie vom Cello ausgeht: Vom leisen Kitzeln der Saite bis zum leidenschaftlich glühenden, aber nie sentimentalen Ausbruch reicht Maximilian Hornungs Palette der Emotionen, die Weithaas einfühlsam aufzunehmen und Fellner in steigender eigener Involviertheit zu grundieren und später zu spiegeln weiß. Bevor Caeyers zuletzt mit einer rhetorisch klaren und in ihrer packenden Kraft dann doch wieder jede Wortbindung hinter sich lassenden „Egmont“-Ouvertüre am Pult ein inspiriertes Selbstporträt als Beethoven abliefert.

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