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Pianist Shani Lahav.

© Marco Borggreve

Lahav Shani und das RSB: Der Heißsporn

Keine gute Mischung: Lahav Shani leitet das Rundfunk-Sinfonieorchester im Konzerthaus und sitzt selber am Klavier. Leider spielt er virtuos, aber wenig inspirierend.

Da hat einer keine Angst vor Volumen. Rudernd, raumgreifend treibt Lahav Shani die Musiker im Konzerthaus in die Wogen von Leonard Bernsteins „Candide“-Ouvertüre, bis es scheppert und knallt. Zum ersten Mal leitet der 26-Jährige, der gleich auf der anderen Straßenseite an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Klavier und Dirigieren studiert, das Rundfunk-Sinfonieorchester.

Mit seinem gewinnenden Lächeln unterm schwarzen Haarschopf nimmt der Israeli den Saal für sich ein. Die Ouvertüre aber zerspringt ihm unter der Hand. Bernstein fährt hier alle musikalischen Knalleffekte der Oper auf, Shani schärft aber das, was seine Wirkung sowieso kaum je verfehlt, mehr an, als dem Stück guttut. Besser wird es bei Kurt Weills 2. Symphonie, die sogar zum Höhepunkt des Abends gerät, weil Shani hier herausarbeitet, wie Weill traditionelle Formen mit seiner an Musical und Operette geschulten Musiksprache verbindet. Jeweils an den Anfang der beiden langsamen Sätze der dreisätzigen Symphonie hat er Soli gestellt (Trompete, Cello), in denen die Musiker glänzen können. Für George Gershwins „Rhapsody in blue“ sitzt Shani selbst am Klavier – was seinen Wirkungskreis als Dirigent derart einschränkt, dass die Knalligkeit des Anfangs zurückkehrt. Orchester und Solist mischen sich nicht gut, bleiben wie Wasser und Öl unverbunden nebeneinander. Es fehlt der freie Atem, die Gelassenheit, der Blues. Shani selbst spielt zwar virtuos, aber wenig inspirierend.

Unausgegoren, oft zu wagnerhaft wirken auch Bernsteins Sinfonische Tänze aus „West Side Story“ zum Finale. Das Adagio zu „Somewhere“ allerdings gelingt berührend, durchflossen von Melancholie und Sehnsucht. Auch zur Schlussapotheose entlockt Shani den Streichern und Flötisten entrückte Klänge. Ein Talent, ein Heißsporn, der manchmal übers Ziel hinausschießt, von dem man aber zweifellos noch viel hören wird. Hoffentlich.

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