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Der Rapper Kollegah; am 03.12.2015 vor der Verleihung der 1Live Krone in der Jahrhunderthalle in Bochum

© dpa-bildfunk

Kollegah ist Deutschlands erfolgreichster Musiker: Doch noch Jugendkultur

Deutschsprachiger Hip-Hop ist die Musik zur Zeit, die zweite neue deutsche Welle - und Kollegah ist der böse Bube des Genres.

Wer steht gerade auf Platz eins der offiziellen Musikcharts in Deutschland? Adele, weil die sowieso überall auf der Welt auf eins steht mit ihrem Album „25“? Nein. Helene Fischer, weil die im Doppelpass mit dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen ihre Weihnachtslieder unter die Leute bringt? Nein. Sondern der 31 Jahre alte Kollegah mit seinem Album „Zuhältertape Vol. 4“, das vor zehn Tagen erschienen ist und 100 000-mal verkauft wurde. Kollegah? Allein dieser Name im Verein mit dem irgendwie abstoßenden Albumtitel dürfte Adele-und-Fischer-Fans ein Runzeln auf die Stirn zaubern. Geschweige denn, dass sie jemals ein Stück gehört haben von dem Mann, der bürgerlich Felix Antoine Blume heißt, aus dem Hunsrück stammt und als Musiker im Hip-Hop zu Hause ist, Abteilung Gangster-Rap.

Diese Musik kennt man ja schon lange aus den USA. Auch in Deutschland ist Hip-Hop aus hiesiger Produktion seit Jahren die gewissermaßen zweite „Neue Deutsche Welle“, mit Cro, Casper, K.I.Z., Sido oder Materia, die ebenfalls ihre Alben in den Charts stets vorn platzieren. Trotzdem hat man den Eindruck, auch trotz des jüngsten Böhmermann-Haftbefehl-Battles, dass dieser Sound auf einem anderen Planeten gespielt wird. Dass deutschsprachiger Hip-Hop eine echte Jugendkultur ist, dieser sich hervorragend für Absetzbewegungen von ewig verständnisvollen, ewig jungen, aber mit Rock sozialisierten Eltern eignet.

Kollegah rappt am liebsten über "Waffen, Koks, Money und Bitches“

Im Fall von Kollegah könnte man gar noch von „Underground“ sprechen, von Subkultur. Denn während oben Genannte durchaus mainstreamkompatibel sind, im Fernsehen auftreten oder im Radio laufen, ja, selbst der Gangsterrap-Kollege Haftbefehl zum Darling der Feuilletons wurde, ist Kollegah der wahrhaft böse, von vielen aus tiefster Überzeugung geschnittene Bube, der zudem mit Fitnessprogrammen („Bosstransformation“) und Werbefilmchen im Internet besser läuft als analog. Sexistisch, menschenverachtend, homophob sei er, meinen manche, so 2011 in Bremen die DGB-Jugend und die örtliche Queerszene, die ein Kollegah-Konzert verhindern wollten. „Nichts als Schwuchteln in dem Business, zeig’ den Pussis, wer der King ist, volle Geldspeicher, wenn ich sterbe, will ich ins Gangster’s Paradise, wie Michelle Pfeiffer“, rappt Kollegah auf seinem neuen Album.

Dort schlüpft er 20 Stücke lang in die Rolle eines Zuhälters und rappt über nichts anderes als, wie er das nennt, „Waffen, Koks, Money und Bitches“. Das ist thematisch beschränkt, aber in seiner flüssig vorgetragenen, musikalisch schön rollenden Stumpfheit enorm erfolgreich – übrigens auch bei Spotify, wo Kollegah gerade mit 15 Stücken gleichzeitig in den Top 50 der meistgestreamten Songs vertreten war. Kollegahs erklärtes Ziel sei es, so seine Plattenfirma, „der Jugend die Schönheit der deutschen Sprache wieder näherzubringen“. Nun denn: Die Jugend hat verstanden.

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