zum Hauptinhalt
Die Philharmonix

© Max Parovsky

Klassik mal anders: Philharmonische Seitensprünge

Wenn Klassikprofis mal so richtig Spaß haben wollen, spielen sie mit Stilen: Die Debütalben der "Philharmonix" und der "Philharmonic Five"

Manche Mitglieder der Berliner Philharmoniker laufen in ihrer Freizeit Marathon, fahren obsessiv Fahrrad, sammeln Nachtfalter oder Faksimiles mittelalterliche Handschriften. Andere machen einfach weiter Musik, fühlen sich im Nebenjob zum Dirigenten berufen, ziehen als Solisten durch die Lande, setzten sich für Zeitgenössisches ein – oder brechen einfach mal aus dem sinfonischen Kanon aus. Konzertmeister Noah Bendix-Balgley und Cellist Stephan Koncz beispielsweise haben mit ein paar Freunden aus Wien - die zumeist bei den dortigen Philharmonikern engagiert sind – einen Club gegründet. So bezeichnen sie selber ihre Formation, weil sie bei diesem Kammermusikprojekt vor allem Spaß haben wollen.

Wobei das Vergnügen natürlich ein hochmusikalisches ist: Als ihre eigenen Arrangeure mixen sie Klassik-Hits mit Swing und Klezmer, Latin, Folk, Pop und Volkstümlichem. Brillante Bastarde entstehen dabei, die ebenso geistreich wie humorvoll mit den Stilen spielen und darum beim Zuhörer ständig den „Das ist doch Dings!“-Effekt auslösen, wenn im virtuosen Gewimmel der Stimmen mal wieder eine bekannte Melodie aufblitzt. So schnell folgen die Klang-Gags aufeinander, so virtuos sind die sieben Musiker bei ihrem Noten-Dribbling, dass dem Publikum im Kammermusiksaal, wo die „Philharmonix“ ihr erstes Album für die Deutsche Grammophon präsentieren, schier schwindelig wird.

Das ist Unterhaltung auf dem denkbar höchsten Niveau

Was Bendix-Balgley und Koncz zusammen mit dem Klarinettisten Daniel Ottensamer, dem Geiger Sebastian Gürtler, dem Bratschisten Thilo Fechner sowie Ödön Rácz am Kontrabass und Christoph Traxler am Flügel anstellen, sind Eulenspiegeleien der Extraklasse, technisch furios ausgeführt: Rasierklingenscharfe Rhythmen, Affenzahn-Accelerandi, phänomenale Flageoletts, Pianissimi in perfekter Reinheit. Aus Wagners „Walküre“-Vorspiel schälen sich Albeniz' „Astuiras“ heraus, Erik Satie trifft auf Beethovens Elise, Bachs berühmtes Präludium auf Freddy Mercurys „Bohemian Rhypsody“. Und ein echtes Wiener-Schmäh-Lied gibt es auch. Unterhaltung auf dem denkbar höchsten Niveau eben.

Ursprünglich 2007 als „The Philharmonics“ gegründet, hat sich die freundschaftliche Freizeitformation nach vier gemeinsamen Alben getrennt. Vier Mitglieder blieben als „Philharmonix“ zusammen, Primgeiger Tibor Kovac scharte unter dem Namen „Philharmonic Five“ neue Mitstreiter um sich – und ging zur Konkurrenz. Sony produzierte also die CD „Mission possible“, und auch hier sind exquisite Interpreten zu hören, die aber weniger die Weltenbummler-Lässigkeit der „Philharmonix“ verströmen, sondern eher brillante Salonmusik bieten. Es ist eine pfiffige Idee, auch weniger klassikaffine Hörer mit dem Versprechen anzulocken, alle Stücke seien aus Filmen bekannt. Als Soundtracks komponiert aber wurden nur zwei, nämlich „Hedwig’s Theme“ von John Williams (aus „Harry Potter“) wie Lalo Schifrins „Mission Impossible“. So raffiniert arrangiert wie hier, erklingen sie bei den „Philharmonic Five“ aber durchaus auf Ohrenhöhe mit den Hits von Bizet, Debussy, Dvorak, Prokofjew und Schostakowitsch.

Zur Startseite