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Das Cover von "Stella di Napoli"

© promo

Klassik-CD der Woche: Joyce DiDonato: Drama mit Divengrandezza

Die amerikanische Mezzosopranistin Joyce DiDonato ist eine begnadete Vokaltragödin. Auf ihrem neuen Album holt sie vergessene Belcanto-Opern aus Neapel ans Licht.

Cecilia Bartoli hat es vorgemacht – und immer mehr Stars tun es ihr nach: Weil die Fans sogar dann die Konzertsäle stürmen und CDs kaufen würden, wenn ihre Idole das Köchelverzeichnis vorlesen, nutzen sie ihre Prominenz, um vergessene Schätze zurück ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen. So hat die amerikanische Mezzosopranistin Joyce DiDonato jetzt die Belcanto-Boomtown Neapel für sich entdeckt.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts herrschte hier ein ideales Kulturklima: Der Bedarf an Opern war enorm, das Reservoir an Talenten aber auch. Abgesehen von je einer Handvoll Werken Rossinis, Bellinis und Donizettis ist die Produktion dieses goldenen Gesangszeitalters allerdings heute vergessen. „Die Musiksprache der Zeit ist uns vertraut“, sagt die Sängerin, „aber erst, wenn man die Archive durchforstet, wird einem klar, von welcher vulkanischen Kreativität das Musikleben damals befeuert wurde.“

Zusammen mit dem Dirigenten Riccardo Minasi hat sich Joyce DiDonato zehn Pretiosen ausgewählt: Arien aus Giovanni Pacinis „Stella di Napoli“, Michele Carafas „Le nozze di Lammermoor“, Saverio Mercadantes „La vestale“, Carlo Valentinis „Il sonnambulo“ oder Donizettis „Elisabetta al castello di Kenilworth“. Das kompositorische Niveau ist erstaunlich hoch, unter Minasis Leitung spielt das Orchestre de l’Opéra de Lyon glutvoll und engagiert –, doch dass die zwischen 1822 und 1845 entstandenen Stücke nun wieder funkeln, liegt vor allem an der begnadeten Vokaltragödin aus Kansas City.

Souverän beherrscht sie das Spiel mit dem Publikum, das an ihren Lippen hängt. Mit Divengrandezza gebietet sie über die ganz große Geste: Da wird mit bebender Stimme gebarmt, mit rollendem „R“ gedroht, mit koketten Trillern geflirtet. Da lockt Joyce DiDonato mit virtuosen Koloraturen und der Sinnlichkeit ihrer perfekt ansprechenden Mezzo-Tiefe.

Aber sie hat eben auch das weiche Legato für die herzergreifenden Kantilenen der verlassenen, gedemütigten Frauen, die sie hier verkörpert. Mit hauchzarten Pianissimi und süßen Seufzertönen macht sie sich die Hörer zu mitleidenden Vertrauten.

Die CD ist beim Label Erato erschienen.

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