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Sieben_Tage_Sonntag

© timebandits

Wahre Begebenheit: Denn sie wissen nicht, wen sie töten

Mutproben gegen die Langeweile: Niels Lauperts Debütfilm "Sieben Tage Sonntag" erzählt die Geschichte eines Mordes ohne offenkundiges Motiv.

Allein das Vorhaben dieses Films wäre eine Zen-Meditation wert: Wie erkläre ich etwas, das sich dadurch auszeichnet, dass es jeder Erklärung entbehrt? „Sieben Tage Sonntag“, das Debüt des Regisseurs Niels Laupert, erzählt die Geschichte eines Mordes ohne offenkundiges Motiv, basierend auf einem wahren Fall. „Ich wette, dass du keinen Menschen umbringen kannst“, sagt ein Freund zum anderen, beide sind 16 Jahre alt. Sie haben zu viel getrunken, aber das tun sie oft. Kein Grund also, warum sie heute tatsächlich losgehen und einen Menschen schwer verletzen, einen anderen gar töten.

„Der 14. Januar war eigentlich ein ganz normaler Tag“ ist dann auch das Erste, was der Erzähler in „Sieben Tage Sonntag“ sagt. Aus diesem Allerweltsmorgen wird irgendwann eine Nacht, durch die zwei Jungen aus dem Hochhausghetto, wo die Schaukel tagsüber verlassen ist und nachts zum Schauplatz von Alkoholgelagen wird, mit blutverschmierten Händen gehen. Leider allerdings gehen auch die Zuschauer auf diesem Weg verloren. An den Schauspielern liegt es nicht – Ludwig Trepte spielt den Adam mit erschreckenden Hungeraugen, Martin Kiefer als Tommek schrammt in seinen besten Momenten dicht am Wahnsinn vorbei wie ein Jack Nicholson.

Aber der Film macht den Fehler, dass er auf die handelsüblichen Erklärungsmuster zurückgreift. Zum Beispiel auf die enttäuschte Liebe. Da ist Sara (Jil Funke), blond und proper und so rundum wohlartikulierend, dass man sie eher in einem bürgerlichen Vorort verorten würde. Um bei ihr zu landen, ist Tommek zu grob und Adam zu schüchtern. Und doch verbreitet „Sieben Tage Sonntag“ das Gefühl, dass die Erlösung durch Liebe gerade für Adam so nah lag wie eine Hand, die man schon fast berührt hat, dann aber doch in letzter Sekunde zurückschreckt.

Wer so inszeniert, nimmt nicht ernst, in welcher Welt er sich bewegt: Wer bereit ist, zwecks bloßer Mutprobe einen Mord zu begehen, dem kann die Liebe der Prinzessin des Hochhausblocks längst nicht mehr helfen. Leider vernachlässigt Laupert ein Detail der tatsächlichen Tat – Adams Vater sitzt wegen Mordes, die Mutter wegen versuchten Mordes selbst im Gefängnis. Er habe das Böse wohl in seinen Genen, sagte Adam. Wie erbsündenähnliche Vorstellungen ein Kind verfolgen können – das hätte eine filmische Ausdeutung verdient

Andererseits: Das Making of ist mitunter ebenso bedeutsam wie das Ergebnis selbst. Vier Jahre lang arbeitete Laupert, Absolvent der Filmhochschule München, an diesem Stoff, kein Sender wollte sein Projekt mitfinanzieren, alle Beteiligten arbeiteten ohne Gage. Dass Laupert den Film überhaupt beendete, bedeutet also, dass er wohl doch das Unmögliche möglich machen kann.

Cinemaxx Potsdamer Platz, Neue Kant Kinos, Sputnik Südstern, Tilsiter Lichtspiele; englisch untertitelte Fassung im Central Hackescher Markt

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