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Szene aus dem Film "Arsenal"

© Deutsches Filminstitut

Kino in der Komischen Oper: Held mit Herzrasen

Die Komische Oper zeigt russische Stummfilme aus den 1920er Jahren – mit neuer Musik.

Filmtheater ist in der Regel auch Filmmusiktheater, und vielfältig sind die Verbindungen, die zwischen dem im 18. und 19. Jahrhundert erblühten Leitmedium Oper und dem Leitmedium des 20. Jahrhunderts, dem Film, bestehen. Die Aufgabe, nach dem Verschwinden der Stummfilmorchester aus den Kinosälen die Stummfilmkultur als Teil der eigenen Traditionspflege zu betrachten, stellen sich immer mehr Opernhäuser – so auch die Komische Oper, die jetzt dem Thema Stummfilm und Musik ein opulentes zweitägiges Programm gewidmet hat.

Besonders symbolträchtig ist der Abend, der Filmen aus dem Umkreis der russischen Revolution gewidmet ist: Ein Ereignis, das mit dem Durchbruch des Films als Massenmedium zusammenfällt. Die politischen Botschaften, so zeigt schon das Kurzfilmprogramm unter dem treffenden Titel „Roter Rummel“, verblassen dabei vor dem Ästhetischen: Wo der heutige Betrachter die knackigen, ewig finster-entschlossen dreinblickenden Arbeiterhelden beinahe ebenso als Karikatur empfindet wie absichtsvoll überzeichnete Kapitalistenschweine, wird das Geschehen zur Groteske.

Zu einem Jahrmarkt von Archetypen nämlich, die im Zeichentrickfilm unheimlich ferngesteuert wirken wie die erregten Massen in den dokumentarischen Bildern der Kino-Prawda von 1923 oder die grauen Herren, vor denen der Akrobat Tiago Alexandre Forba in den rein instrumentalen Zwischenspielen flieht.

Dirigent Frank Strobel ist ein souveräner Spezialist

Unter den neu komponierten Filmmusiken, die sich Mitglieder der Hanns-Eisler- Hochschule haben einfallen lassen, sticht Michael Essls Vertonung von „Meschplanetnaja Rewoljuzija“ hervor, weil er den grotesken Zeitgeist aufnimmt, ohne Stilkopie zu sein.

Noch eindrucksvoller wirkt – unter der souveränen Leitung des Dirigenten Frank Strobel – Alexander Grebtschenkos Musik zum Hauptfilm, Oleksandr P. Dowschenkos ukrainisches Revolutionsepos „Arsenal“ von 1929. Er fasst die experimentellen Filmsequenzen zu großen emotionalen Bögen zusammen, zudem gelingen ihm immer wieder frappierende Überblendungen von äußerem Pathos zur Darstellung innerer Zustände wie etwa dem erregten, körperlich bedrängenden Herzschlag des nach außen hin selbstbewusst auftretenden revolutionären Helden (zu sehen am 23. 11. um 0.20 Uhr auf Arte). Carsten Niemann

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