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Fremde zu Freunden. Sophia Burgos (Eoa), Peter Tantsis (Georges).

© M. Rittershaus

Kinderoper in der Philharmonie: Sieg über das Nebelmonster

Vokalhelden: Kinder und Jugendliche aus ganz Berlin singen in Andres Normans Kinderoper „Zum Mond und zurück“ mit, unter der Leitung von Sir Simon Rattle.

Vielleicht war das dann doch ein wenig überambitioniert: die Kindergeburtstagsgesellschaft zu einer Vorführung des 1902 entstandenen Stummfilms „Die Reise zum Mond“ zu schleppen! Die Kids jedenfalls interessieren sich nur peripher für die cineastische Rarität, machen lieber Quatsch, werfen mit Popcorn und Zuckerwatte, bis der entnervte Prenzl’berg- Vater schließlich erschöpft einschläft – und sich im Traum selber auf dem Erdtrabanten wiederfindet. Der von lauter Vokalhelden bewohnt wird.

So heißt das Chorprojekt, das 2013 die Tanz-Events abgelöst hat, mit denen das Education-Programm der Berliner Philharmoniker berühmt geworden ist. Mit Heranwachsenden zu singen ist zweifellos ebenso verdienstvoll, wie ihnen Körpergefühl zu vermitteln. Nur gestaltet sich die akustische Arbeit langwieriger und hat weniger öffentlichkeitswirksamen Wumms. 80 Vokalhelden trainieren ihre Stimmen derzeit an drei Standorten in Hellersdorf, Moabit und Schöneberg, parallel dazu befindet sich eine Jugendgruppe im Aufbau, zu der auch Geflüchtete gehören. In der Philharmonie vereinen sich die Heranwachsenden jetzt mit den 100 Mitgliedern des Community Chores, mit Opernsolisten, Schauspielern und einem altersmäßig wild gemixten Orchester, das sich aus Philharmonikern, Hochschulstudierenden und besonders begabten Schülern zusammensetzt.

Putzig und pädagogisch wertvoll inszeniert

Es ist schon ein Wow-Effekt, wenn 300 Mitwirkende die Bühne fluten. Und an der Spitze dieser melomanen Massen steht bei der Uraufführung von Andrew Normans Oper „Zum Mond und zurück“ kein Geringerer als Sir Simon Rattle höchstpersönlich. Auch wenn die Aufführung ab acht Jahren empfohlen wird, ist hier – siehe Rahmenhandlung – ein Erwachsenentraum zu erleben, in dem es parabelhaft-philosophisch um die Überwindung unserer Angst vor dem unbekannten Anderen geht: Die Mondexpedition trifft auf die Ureinwohner, aus gegenseitigem Unverständnis wird tastende Annäherung, bis die Erdlinge schließlich im Kampf gegen das Nebelmonster, das immer wieder Kinder verschluckt, zu Helden werden. Weil sie dem bösen Luftgeist durch Regenschirm-Gewedel den Garaus machen. Dankbar helfen die moonish people daraufhin bei der Reparatur der Rakete, sodass die Raumfahrer wieder sicher nach Hause gelangen.

Drei Neben-Dirigenten müssen Rattles Gestik imitieren, damit alle Mitwirkenden seine Einsätze auch sehen können, überhaupt ist der Aufwand enorm für diese kleine Geschichte, deren traditionell-tonmalerischer Soundtrack kaum Überraschungen bereithält und den Ela Baumann ebenso putzig wie pädagogisch wertvoll inszeniert. Wenn es darum geht, sich neue Welten zu erschließen, ist eben kein Einsatz zu hoch: egal, ob die Reise nun zum Mond führt oder in die nicht minder fremdartige Galaxie eines klassischen Konzertsaals.

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