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John Adams, Composer in Residence der Berliner Philharmoniker

© Kai Bienert / Philharmonie

John Adams in der Philharmonie: Frischer Wind

Kalifornische Sonne im grauen Theorienebel Berlins: Composer in Residence John Adams und die Orchesterakademie in der Philharmonie.

Drei junge Kollegen bringt John Adams, derzeitiger Composer in Residence der Berliner Philharmoniker, aus Kalifornien mit, wo er selbst in San Francisco am Konservatorium unterrichtete und die Programme des dortigen Symphonieorchesters mit der Reihe „New and Unusual Music“ auffrischte. Ein frischer, von kalifornischer Sonne erwärmter Wind wirbelt im Kammermusiksaal auch durch den grauen Theorienebel Berlins, von den jungen Musikern der Orchesterakademie der Philharmoniker mit Vitalität, Präzision und immensem Klangsinn zum Sturm entfacht oder zum sanften Lüftchen beruhigt.

Großartig ist das zu erleben in Osvaldo Golijovs „Last Round“ für Streicher, eine Hommage an Astor Piazzolla. Der aus Argentinien stammende Komponist sieht im Streicherkörper eine Art idealisiertes Bandoneon, das im ersten Satz zusammengepresst, im zweiten seufzend geöffnet wird. Wie Bälle werfen sich die Musiker die Klanggesten zu, die das Piazzolla-Material zu Beginn in aggressives Dunkel tauchen, kurz und abrupt. Im punktgenauen Schlagabtausch zeigt sich fabelhaftes kammermusikalisches Zusammenspiel.

"Trial and Error" als musikalisches Programm

Den Rest dirigiert Adams, akribisch, zugewandt und vital. Gut gelaunt führt der agile Siebziger in die einzelnen Stücke ein. Timo Andres, hier auch als versierter Pianist auftretend, orientiert sich in seinem Klavierkonzert „The Blind Banister“ an Beethovens Zweitem und dessen alle Grenzen sprengender Kadenz. Doch eine ähnliche Spannung gelingt Andres nicht, ebenso wenig die Arbeit mit „simplem Material“: absteigende Tonleitern und Dreiklangsfiguren führen nirgendwohin, entwickeln wenig Fantasie – die erstaunlicherweise eher im farbigen Orchesterpart anzutreffen ist.

Den beherrscht Andrew Norman virtuos: „Try“ ist voll knackiger, rhythmisch geschärfter Gesten, die sich allmählich beruhigen und in beständig wiederholten Klavierarpeggien auslaufen. Das ist immerhin pfiffig gemacht, zumal der Komponist das Prinzip des „Trial and error“ zum musikalischen Programm erklärt – mit allerdings wechselnd interessanten Ergebnissen.

Unterhaltsam ist das allemal. Einen kreativen, klanglich brillanten Zusammenstoß der Kulturen inszeniert Adams selbst in seiner „Chamber Symphony“. Der Besetzung und Anfangsmotivik von Schönbergs Kammersinfonie antworten alsbald die Jazzrhythmen und Synthesizergeräusche von Trickfilmsoundtracks, die der Komponist beim Studium seines avantgardistischen Vorbilds aus dem Zimmer seines Sohnes vernahm.

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