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Kristallin Klavierspiel. Der 22-jährige kanadische Pianist Jan Lisiecki.

© Holger Hage

Jan Lisiecki beim DSO: Klarheit und Wahrheit

Leichtigkeit und Transparenz: Der 22-jährige Pianist Jan Lisiecki begeistert beim DSO mit Werken von Edvard Grieg und Chopin.

Schon in den ersten Takten zeigen die beiden Interpreten, was für gegensätzliche Charaktere sie sind: Der 1980 geborene Rumäne Cristian Macelaru gehört zu den Volldampf-Maestri, bei Zoltan Kodalys „Tänzen aus Galanta“ schnellt der Energiepegel am Donnerstag in der Philharmonie sofort nach oben. Sinnlich-üppig wie schwerer Rotwein klingt das Deutsche Symphonie-Orchester, gerade den langsamen Passagen verleiht Macelaru eine faszinierend laszive Geschmeidigkeit. Ganz anders Jan Lisiecki. Wie der 22-jährige Kanadier bei Edvard Griegs Klavierkonzert seinen ersten Einsatz gestaltet, zeigt, worum es ihm ästhetisch geht: um Leichtigkeit und Transparenz nämlich. Perlend sind selbst die heikelsten Passagen, im Fortissimo kommt er ohne kraftmeierischen Nachdruck aus.

Kein donnerndes „Hoppla, hier komm ich“, ist also der Beginn, sondern eine effektvolle Eröffnungsgeste, als würde ein Vorhang beiseitegezogen. Und Cristian Macelaru lässt sich auf die klassizistische Lesart seines Solisten ein, nimmt sich emotional zurück, damit ein intensiver Dialog entstehen kann zwischen dem Orchester und Jan Lisiecki. Und siehe da, alles, was die Musikwissenschaft dem Werk vorwirft, die schwüle, hyperromantische Schwelgerei, das Pathetische, ja Kitschige, verflüchtigt sich unter den Fingern des Pianisten.

Szenen einer Liebesbeziehung

Ohne zur gelehrten Papiermusik zu werden. In hellem nordischen Licht sind hier Szenen einer Liebesbeziehung zu erleben, mit allen Höhen und Tiefen, bei denen es nicht nur zartfühlend, sondern durchaus auch mal hoch hergehen kann. Mit einer kristallin gespielten Chopin-Nocturne bedankt sich Lisiecki für die Ovationen des hingerissenen Publikums.

Nach der Pause darf Cristian Macelaru dann wieder die ganz große Show machen, in Technicolor und Cinemascope. Mit Antonin Dvoraks siebter Sinfonie hat er sich dafür aber auch das richtige Stück ausgesucht. Heiß ist der Odem, den er der Partitur einhaucht, konstant hält er die Spannung hoch. Und die Musiker des DSO ziehen mit, spielen akustisches Theater, bietet shakespearsche Situationsvielfalt im ersten Satz, schwelgen anschließend im Wohlklang, zelebrieren die Melodien, lassen Akkorde erblühen. Zum schäumenden Gebirgsbach wird das Scherzo, bevor schließlich das Finale gewittrig dem Jubelschluss entgegenstürmt.

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