zum Hauptinhalt
Ivan Fischer in der Philharmonie, 2016.

© Britta Pedersen/dpa

Iván Fischer dirigiert Béla Bartók: Unheimlich tickt das Xylophon

Iván Fischer und das Konzerthausorchester spielen gemeinsam Beethoven und Béla Bartók.

„Konzert ohne Pause“ steht auf dem Programmzettel gemäß den aktuell geltenden Hygiene-Regeln des Konzerthauses. Wenn aber auf Beethovens Violinkonzert die „Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta“ von Béla Bartók folgen soll, dauert der Umbau auf der Bühne seine Zeit. Der ungarische Dirigent Iván Fischer nutzt sie, um in einer kleinen Analyse seinen Blick auf das Werk des 20. Jahrhunderts zu werfen.

Unmittelbar nach dem Abend mit seinem Budapest Festival Orchestra dirigiert er nun das Berliner Konzerthausorchester, das er von 2012 bis 2018 als Chefdirigent geprägt hat und dem er als Ehrendirigent verbunden bleibt. Den Rückkehrer umgibt spürbar die Sympathie des Orchesters wie seines Publikums.

Ungarische Musik ist für den Maestro ein Lebensthema. So trat er einst in der Rolle des Barden auf, um ganz werktreu in seiner Muttersprache mit dem Prolog in „Herzog Blaubarts Burg“ von Bartók einzuführen. So komponierte er selbst die Oper „Die rote Färse“ nach einer wahren Begebenheit im Ungarn des 19. Jahrhunderts. So weckt er in manchem die Erinnerung an den großen Ferenc Fricsay.

Seiner Ansprache zur Traditionsverbundenheit und Moderne Bartóks, die ein Plädoyer aus Herzensgrund ist, entspricht die äußerst sorgsame und inspirierte Aufführung der „Musik für Saiteninstrumente“. Dem Konzerthausorchester gelingen besonders in den langsamen Sätzen Meisterleistungen. Gemäß der Vorschrift Bartóks sitzen sich die Streicher in zwei Gruppen gegenüber, hier gerahmt von je drei Kontrabässen und vier Celli.

Zentral sind die weiteren Instrumente platziert, dominierend Klavier und Celesta. Mit dem einstimmigen Thema der Bratschen beginnt ein kostbarer, dichter Fugensatz, den die beiden Streichorchester zu einem filigranen Wunderwerk machen. Die Zusammenarbeit des Dirigenten mit den Musikern und Musikerinnen erscheint in diesen Klangwundern ungetrennt. Rhythmischer Elan, Wildheit, motorische Impulse weiß Fischer abzusetzen von Tänzerischem auf folkloristischer Basis. Am erstaunlichstem bleibt das Adagio mit dem geheimnisvoll hell tickenden Ton des Xylophons, das wie aus einer fernen Welt klingt, und dem Paukenglissando. In der gespannten Interpretation zeigt sich der Bartók der Neuen Musik.

Mirijam Contzen, die Solistin des Konzerts, ist Professorin für Violine an der Hochschule der Künste. Mit ihrer Einspielung der Violinkonzerte von dem Geiger Franz Clement, Beethovens Auftraggeber, hat sie Preise errungen. Sie tritt gern für vergessenes Repertoire ein. Man merkt jedoch, dass es für sie eine Wunscherfüllung ist, Beethoven zu spielen. Ihr Vortrag des Konzerts basiert auf Hingabe an das Instrument, das sie mit klarer Intonation und zielsicherer Virtuosität beherrscht. Die Umspielungen der Melodie im Larghetto, besonders aber die verklärenden thematischen Partien in hoher Lage bezeugen, dass sie verliebt ist in ihre Violine. Großer Beifall.

Zur Startseite