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Lisa-Kaindé und Naomi Díaz sind Ibeyi.

© Flavien Prioreau

Ibeyi-Konzert in Berlin: Mamas Tränen und Papas Erbe

Das Pariser Pop-Duo Ibeyi gab ein berührendes Konzert im ausverkauften Grünen Salon der Berliner Volksbühne.

Zwei Kerzen flackern am Bühnenrand. Die französisch-kubanischen Schwestern Naomi und Lisa-Kaindé Díaz haben sie entzündet, um an ihre Toten zu erinnern. Vor allem an ihre ältere Schwester Yanira und ihren Vater Miguel „Angá“ Díaz, der als Percussionist unter anderem mit dem Buena Vista Social Club bekannt geworden war. Auf ihrem zu Recht viel gelobten im Februar erschienenen Debütalbum haben Ibeyi, wie sich die 20-Jährigen nach dem Yoruba-Wort für Zwillinge nennen, die Trauerarbeit musikalisch umgesetzt.
Beim Konzert im ausverkauften Grünen Salon der Volksbühne ist die Atmosphäre deshalb zunächst ernst und getragen. Lisa-Kaindé Díaz kündigt den Song „Mama Says“ als „sehr wichtig für uns“ an. Sie singt wie in allen Stücken die Hauptstimme und spielt sparsame Akkorde am E-Piano, während ihre für die Beats zuständige Schwester Naomi mittels Doppelschlägen auf die Cajón, ihre Oberschenkel, ihren Brustkorb sowie Fingerschnipsen ein skelettiertes Rhythmusgerüst erzeugt. „The man is gone/ And mama says/ She can’t live without him/The man is gone/ And mama says/ There is no life without him“, heißt es im Text, der zwei Mal auf ein gedehntes zweistimmiges „Uhhhhhh“ zuläuft. Es hört sich an wie das Weinen der Mutter.

Der zweistimmige Gesang der Schwestern ist glitzerschön

Neben der Klage gibt es auch Wut und Freude in den reduzierten Stil-Mix-Songs von Ibeyi, die immer wieder in zweistimmig gesungene Yoruba-Passagen münden. Diese sind inspiriert von den traditionellen Gesängen, die Sklaven aus Nigeria und Benin einst mit nach Kuba brachten. Die Zwillinge sind mit diesen Chants aufgewachsen. Wenn sich ihre Stimmen – Naomis einen Tick rauer und tiefer als Lisa-Kaindés – nun gemeinsam auf diesen Linien einschwingen, ist das so glitzerschön und erhebend, dass man die tröstende Kraft dieser Musik sofort begreift.
Und so hellt sich die Stimmung während des einstündigen Konzertes dann auch zunehmend auf, die beiden lächeln sich beim Singen an, fordern zum Mitklatschen auf. Ihr gutes Pop-Melodie-Gespür beweisen sie bei Stücken wie „Stranger/Lover“ und dem wunderbaren „Oya“ über die gleichnamige Unterweltgöttin, die gern mal auf Gräbern tanzt. Lisa-Kaindé Díaz’ Phrasierung der Strophe erinnert an Björk, bis sie sich in den Refrain schraubt: „Take me Oya“ singt sie flehentlich immer wieder, was irgendwann wie „Take me higher“ klingt. Hoffentlich erhört Oya sie noch nicht so bald. Denn auf Erden könnten Ibeyi noch viele Menschen in höhere Sphären heben.

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