zum Hauptinhalt

Kultur: Herzensbrand

Indie-Folk: Cold Specks im Postbahnhof.

Raschen Schrittes geht eine kleine Frau an den Frierenden vor dem Postbahnhof vorbei. Mit ihrem streng zurückgekämmten Haar, dem schwarzen Kleid und dem schwarzen Schulterumhang aus Samt sieht sie aus, als komme sie direkt vom Set eines Films, der zu Beginn des letzten Jahrhunderts spielt. Wenig später steht diese junge Frau, die sich Al Spx nennt und unter dem Namen Cold Specks Musik macht, auf der Bühne. Auch ihr Gesang wirkt wie aus einer fernen Zeit herübergeweht, irgendwo von einer Veranda oder aus einer Kirche tief im Süden der USA – dabei kommt Al Spx aus Kanada und lebt jetzt in London.

Sie beginnt mit einem A-cappella-Stück, variiert immer wieder den Abstand zum Mikro und singt am Ende ganz ohne. Eine andächtige Stimmung legt sich über den kleinen Saal des Postbahnhofes. Nach und nach gesellen sich fünf Musiker zu der Sängerin, die sich eine halbakustische Fender-Gitarre umschnallt. Zusammen übertragen sie die Songs des Cold-Specks-Debütalbums „I Predict A Graceful Expulsion“ stimmig in die Livesituation. Die Streicher werden von dem zwischen Bass-Klarinette und Tenor-Saxofon wechselnden Chris Cundy ersetzt, der mit finsteren Drone-Sounds eine abgründige Atmosphäre heraufbeschwört.

Dass Al Spx ihre Musik als „Doom Soul“ bezeichnet, erscheint einleuchtender denn je. In ihren Texten geht es um krachende Knochen, brennende Herzen und den Glauben, mit dem sie ringt. „I am a goddamn believer“ singt sie in „Black Maps“, das der tendenziell unterbeschäftigte Schlagzeuger nur mit der Bassdrum und einem Tackern auf dem Snare-Rand begleitet. Da die zwischen Indie-Folk und Blues changierenden Songs strukturell ähnlich und meist in gemäßigtem Tempo gehalten sind, ergibt sich für das einstündige Konzert ein relativ gleichförmiges Klangbild. Zu Herzen geht es aber dennoch. Nadine Lange

Zur Startseite