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War viermal verheiratet: Ernest Hemingway

© dpa

Hemingway und seine Frauen: Er fehlt mir so

Hadley Richardson, Pauline Pfeiffer, Martha Gellhorn, Mary Welsh: Naomi Woods Roman über die vier Ehefrauen von Ernest Hemingway.

Man kommt im Moment kaum nach mit Büchern über F. Scott Fitzgerald, Ernest Hemingway und ihre Freunde. Oder mit den entlegenen Original-Texten, die irgendwo noch aufgestöbert und ins Deutsche übersetzt wurden, geschweige denn den Neuübersetzungen, gerade den sehr gelungenen im Fall von Hemingway im Rowohlt Verlag. Neben Stewart O’Nan mit seinem Roman über die letzten Lebensjahre von Fitzgerald in Hollywood und der britisch-österreichischen Autorin Emily Watson mit ihrer semifiktiven Recherche über die kreative US-Kolonie im Sommer 1926 an der Côte d’ Azur ist nun auch die junge britische Autorin Naomi Wood der Faszination der vermeintlich verlorenen Generation der zwanziger Jahre erlegen.

Wood hat einen Roman geschrieben, der „Als mich Hemingway liebte“ heißt. Wie der Titel andeutet (im Original nüchterner, deutlicher: „Mrs Hemingway“), handelt das Buch von den vier Ehefrauen Hemingways: Hadley Richardson, Pauline Pfeiffer, Martha Gellhorn, Mary Welsh. Wood fühlt sich fiktiv in die Hemingway-Ehefrauen ein und spendiert schön chronologisch jeder von ihnen ein Großkapitel, wobei sie zeitlich ab und an vor- und zurückspringt. Das hat mit dem Springen von Hemingway von einer Beziehung in die nächste zu tun, an der von ihm bevorzugten Dreierkiste mit ihm, Ehefrau und Geliebter. So reist er in jenem auch von Emily Watson beschriebenen Sommer 1926 mit seiner Noch-Ehefrau Hadley und seiner Noch-Geliebten Pauline, genannt Fife, nach Südfrankreich, um hier zu keiner Entscheidung zu kommen. Dafür sorgt Hadley, sie setzt ihm eine Hundert-Tage-Frist mit oder ohne Pauline (18 Jahre später nimmt Martha Gellhorn in Paris das Trennungsheft in die Hand ).

Woods Buch ist selbst eine Art Hemingway-Roman

Auch Pauline macht sich 1938 in ihrem Haus in Key West auf Florida so ihre Gedanken darüber, was Hemingway zu der Zeitungsreporterin Martha Gellhorn zieht – und spricht ausgerechnet mit ihrer Vorgängerin darüber: „Soll Fife riskieren, sie um Hilfe zu bitten? (...) Umso mehr, weil sie hier steht wie eine gealterte, vom Gin beduselte Debütantin. Andererseits würde sie gern mit jemandem darüber reden, der ihren Ehemann genauso gut kennt wie sie. ,Ernest hat eine neue Flamme’“. Ja, ja, immer wieder Ernest. Naomi Woods Buch ist schön bunt, das bringt der Wechsel der Schauplätze mit sich. Man lernt die Frauen kennen, das aber mehr an der Oberfläche, stets in ihrer Beziehung zu Hemingway. Richtig Konturen und Psycho-Tiefen bekommen sie nicht, denn die zentrale Figur dieses Buches ist „Papa“ Hemingway. Hadley übergibt Pauline, die an Martha, die wiederum an Mary. Am Ende, nach seinem Selbstmord 1961, telefonieren auch Hadley und Mary, und Mary sagt:  „Ich will, dass er nach Hause kommt. Er fehlt mir so.“ Ein Art Hemingway-Roman also, ganz sicher kein feministisches Manifest.

Nur gut, dass bald wieder etwas von Zelda Fitzgerald veröffentlicht wird. Ihre Erzählungen über die „roaring twenties“ sind erstmals ins Deutsche übertragen worden. „Himbeeren mit Sahne im Ritz“ heißt der Band, er erscheint im September im Manesse Verlag.

Naomi Wood: Als Hemingway mich liebte. Übersetzt von Gerlinde Schermer-Rauwolf und Robert A. Weiß, Kollektiv Druck-Reif. Hoffmann & Campe, Hamburg 2016. 368 S., 20 €.

Juliane Oelsner

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