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Hélène Grimaud.

© Mat Hennek/DG

Hélène Grimaud und Orchestra di Santa Cecilia in Berlin: Pracht und Pranke

Erst Leidenschaft in Vollendung, dann soßiger Bleifuß: Antonio Pappano, das römische Orchestra di Santa Cecilia und Hélène Grimaud in Berlin.

Seit elf Jahren ist Antonio Pappano Chefdirigent des Orchestra dell’ Academia Nazionale di Santa Cecilia – und hat die römische Musikertruppe in dieser Zeit zu einem großartigen Ensemble geformt. Präzision und Leidenschaft sind die Schlüsselbegriffe dieser glücklichen Partnerschaft, in höchster Vollendung erklingt am Dienstag in der Philharmonie Rossinis „Cenerentola“-Ouvertüre, als antipasto zu einem genussreichen menu italiano.

Da ist jedes Detail genau ausbalanciert, da findet Pappano feinste Abstufungen für seine Lautstärkedramaturgie, da setzen die Geigen selbst in den schlichtesten Pizzicato-Begleitfloskeln noch raffinierte Akzente. Zwischen den vielfach heranrollenden Crescendo-Wellen und den Achtung-gleich-wird’s-spannend-Modulen aus dem Tonsatzbaukasten fällt hellstes Sonnenlicht auf die herrlichen Belcantomelodien – und die Grundhaltung bleibt, bei aller rhythmischen Disziplin, stets tänzerisch.

Auch beim folgenden primo piatto, Beethovens 4. Klavierkonzert, ist der Orchesterklang genau auf den Punkt, also al dente. Hélène Grimaud dagegen lässt schon die ersten Takte ihres Soloparts durch übermäßigen Pedalgebrauch soßig werden. Warum die Pianistin am Ende dennoch so gefeiert wird, bleibt rätselhaft. Spieltechnisch hat sie keine Schwierigkeiten, aber ihre Interpretation wirkt ziellos, ohne erkennbaren Ansatz. Wenn sie den rechten Bleifuß mal hebt, zerfällt ihr Spiel in lauter Einzelteile. Im Andante wählt Hélène Grimaud ein derart verschnarchtes Tempo, dass man befürchten muss, sie werde über der Tastatur einnicken – und auch die absichtsvoll hingehackten Akkorde in den tiefen Oktaven zeugen allenfalls von einem ausgeprägten Hang zum Prätenziösen.

Ein pures Vergnügen ist dann wieder das secondo piatto, Camille Saint-Saens’ „Orgelsinfonie“: Meisterlich vermag Pappano die Erregungszustände im ersten und dritten Satz zu managen, die Musik so richtig flirren und brausen zu lassen. Zu Klangflächen von betörender Schönheit verbinden sich Streicher und Orgel im Adagio, geschickt hält der Maestro hier die Stimmung in der Schwebe zwischen Kitsch und Rührung.

Für den großen Jubel im Saal nach der lustvollen, sinnenfrohen Feier des Lauten im Finale der Sinfonie bedanken sich Pappano und die Seinen mit einem doppelten dolce: einer Nummer aus Rossinis „Wilhelm Tell“-Ballettmusik und Edward Elgars bittersüßem „Nimrod“. Grazie molto, amici, a presto!

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