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Handschlag. Verschiedene Bundesverbände und Interessenvertretungen der Kunst- und Kulturschaffenden in Deutschland schließen sich für die „Allianz der Freien Künste“ zusammen.

© Tobias Kleinschmidt/dpa

Gründung „Allianz der Freien Künste“: Freie Künstler vernetzen sich bundesweit

Freien Kulturschaffenden mangelt es in Deutschland an sozialer Sicherheit. Die neu formierte „Allianz der Freien Künste“ vernetzt diese jetzt bundesweit - und streitet für ihre Rechte.

Heute noch touren sie vital durch die Freie Szene, aber übermorgen sitzen sie womöglich schon verarmt im ukrainischen Pflegeheim und tippen den Satz „Ist das etwas zu essen?“ in den Google- Übersetzer. Die Rede ist von den abertausenden freien Künstlerinnen und Künstlern in Deutschland, die als Soloselbstständige ihre Existenz bestreiten – und das in einem Sozialsystem, das noch immer vorwiegend auf das klassische Beschäftigungsverhältnis mit geregelten Arbeitszeiten und dreizehntem Monatsgehalt ausgerichtet ist, statt auf die Bedingungen des Projektwesens mit seinen mannigfaltigen Unwägbarkeiten.

Um hier für bessere Strukturen zu streiten, hat sich jetzt die „Allianz der Freien Künste“ formiert: ein Zusammenschluss von verschiedenen Bundesverbänden und Interessenvertretungen der Kunst- und Kulturschaffenden in Deutschland. Der „Bund der Szenografen“ zählt bislang dazu, der „Bundesverband Freie Darstellende Kunst“, der „Verband freier Ensembles und Orchester in Deutschland“, die „Union Deutscher Jazzmusiker“ und einige weitere. Natürlich hofft man, noch viel mehr Mitglieder zu gewinnen.

Kampf auf Bundesebene

Koordiniert hat diese neue Allianz Christophe Knoch, der ja in Berlin schon maßgeblich die „Koalition der Freien Szene“ angeschoben hat. Die avancierte ziemlich schnell zur schlagkräftigen Lobby etwa im Streit um die Verteilung der City-Tax-Gelder. Und zum wichtigen Ansprechpartner für die Kulturpolitik. Die „Allianz der Freien Künste“ weitet den Kampf jetzt auf die Bundesebene und noch dezidierter aufs Feld des Sozialen aus. Im Radialsystem V wurde ein Positionspapier vorgestellt, das eine Reihe von „Kernforderungen“ für die freien Künstlerinnen und Künstler erhebt. Unter anderem eine bessere soziale Absicherung, die Möglichkeit zur angemessenen Altersvorsorge, oder die „vollumfängliche“ steuerliche Absetzbarkeit der Kosten für Kinderbetreuung. Kann teuer werden, wenn beide Elternteile proben und performen.

Auch fürs Fördersystem auf Bundesebene meldet die Allianz Reformbedarf an. Dabei taucht unter anderem der Ruf nach Honoraruntergrenzen wieder auf, der in Berlin ja mittlerweile Gehör gefunden hat. Die Ziele reichen aber noch deutlich weiter. Die freien Künste sollen auch in den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten besser repräsentiert werden. Ob darunter zum Beispiel auch Live-Übertragungen aus dem Puppentheater fallen, bleibt noch abzuwarten. Und last but not least soll die Kultur – wie seit den 80ern verschiedentlich gefordert – als Staatsziel im Grundgesetz verankert werden. Eine „symbolische Forderung“ freilich, wie Stephan Behrmann vom Bundesverband Freie Darstellende Künste auf der Gründungspressekonferenz einräumt.

Viele Freie haben gar keine Wahlfreiheit

Im Gegensatz zum sehr konkreten 10-Punkte-Plan, mit dem die Koalition der Freien Szene in Berlin aufzutrumpfen wusste, ist das Programm der Allianz also noch ein Mix aus Praxisnähe und Hochfliegendem. Aber gut. Das ändert nichts an der Dringlichkeit vor allem der sozialen Anliegen. Von einem gewachsenen Bedürfnis „sich zu organisieren“ weiß Judith Adam als Vertreterin des „Bundes der Szenografen“ zu berichten. Zumal viele der Künstlerinnen und Künstler in Deutschland ja gar nicht vor der Wahl stehen, ob sie sich in die Institutionen begeben, oder in die Freie Szene. Für schreibende oder malende Menschen etwa gibt’s nur den einen Weg. Und dort mangelt’s tatsächlich an Sicherheit.

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