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Kultur: Glück der Klarheit

Ovations für Leif Ove Andsnes im Kammermusiksaal. Chopin, Beethoven und Brahms aus dem Hand des norwegischen Pianist.

Fast gibt es standing ovations für Leif Ove Andsnes im Kammermusiksaal. Aber ein Großteil der Leute bleibt dann doch sitzen. Dabei hat der pianist in residence gerade als letzte Zugabe einen so funkelnden, intelligent nuancierten und stimmungsreichen Chopin-Walzer gespielt, dass Begeisterung aufkommt. Der Norweger ist nun mal kein virtuoser Überwältiger, der Musik zum Spiegel der eigenen Emotionen macht. Ganz im Dienst des Werkes nimmt er den Anfang von Beethovens „Waldstein“-Sonate op. 53 fast zu solide, um von den präzise pulsierenden Terzen aus zu einem beglückend lebendigen Kräftespiel der flutenden Arpeggien und prickelnden Trillerketten zu gelangen, dazwischen die ahnungsvollen Tritonus-Auftürmungen des „Adagio molto”.

Auch op. 111 in c-Moll ist kein genialischer Akt, höchstens immer wieder Ausbruch von Energie, maßvoll im Klangräume aufschließenden Forte, aber nicht mäßig im Kontrast der Emotionen. So muss auch die „Arietta“ nicht ätherisch gen Himmel schweben – und tut es dann doch, im Glück bestechender Klarheit, die alle Stimmen singen und schwingen lässt. Krampfhafte Originalität ist nicht nötig: Nicht sich selbst zeigt Andsnes, sondern Beethoven.

Und er kann auch ein Klangmagier sein. Die vier Balladen op.10 des 20-jährigen Johannes Brahms führen in nordisch-grüblerisch anmutende Seelenlandschaften, voller Vorahnungen des Neuen vor allem im letzten „Andante con moto“, in dem sich die Melodie dissonant verstrickt. Von diesem Brahms ist es nur noch ein winziger Schritt zu Arnold Schönbergs „Sechs kleinen Klavierstücken“, farb- und gestenreich abgetönten Minidramen – und einer ersten Zugabe von György Kurtág. Isabel Herzfeld

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