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Bruce Springsteen (r) wird am 20.10.2016 zu Beginn eines Pressegesprächs in Frankfurt am Main von WDR-Musikredakteur Thomas Steinberg interviewt.

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Update

Frankfurt Buchmesse: Bruce Springsteen redet über seine Depressionen

Bruce Springsteen ist am Donnerstagabend am Rande der Frankfurter Buchmesse aufgetreten. Das Treffen war bis zuletzt geheim gehalten worden.

Es mag seltsam sein, selbst noch nach dem Literaturnobelpreis für Bob Dylan, doch der Höhepunkt der Frankfurter Buchmesse ist an diesem Donnerstagabend das Erscheinen eines Musikers, der erstmals unter die Buchautoren gegangen ist: Bruce Springsteen. Zumindest für die Medienmenschen, die das Glück haben, an einem sogenannten moderierten Pressegespräch mit Springsteen über dessen Autobiografie „Born To Run“ teilnehmen zu dürfen, darunter bestimmt auch viele Fans, u. a. „Welt“-Herausgeber Stefan Aust oder der Musiker Thees Ullmann. Um viertel nach sechs erscheint Springsteen im Konrad-Adenauer-Saal des Fünf-Sterne-Hotels Villa Kennedy, dezent gekleidet, graues Sakko, schwarzes Hemd, dunkle Jeans, um Rede und Antwort zu stehen. Zum Beispiel sagt er, dass er sieben Jahre an dem Buch gearbeitet und vorher andere Musikerautobiografien gelesen habe, von Bob Dylan, Eric Clapton oder Keith Richards. Und dass es was anderes gewesen sei, als Songs zu schreiben, als Figuren dafür zu erfinden. „Es ist alles in deiner Stimme, es bist du selbst, um den es geht.“

Bescheiden-selbstironisch

Über die Maßen erhellend und über die Autobiografie hinausgehend sind Springsteens Äußerungen nicht. Aber er ist ähnlich offen und bescheiden-selbstironisch wie in „Born To Run“. Erzählt von seinen Depressionen, die er von der Familienseite des an einer bipolaren Störung leidenden Vaters mit in den Genpool bekommen hat, und macht Witze: „Ich mache seit 30 Jahren Psychoanalyse, mein erster Arzt ist schon gestorben.“ 

Bruce Springsteen blickt am 20.10.2016 zu Beginn eines Pressegesprächs in Frankfurt am Main (Hessen) in die Runde.
Bruce Springsteen blickt am 20.10.2016 zu Beginn eines Pressegesprächs in Frankfurt am Main (Hessen) in die Runde.

© dpa

Was wirklich faszinierend ist an diesem dreiviertelstündigen Auftritt: Springsteen zuzuhören. Seine Stimme sei nicht „toll“, schreibt er in seinem Buch, sie sei „das Werkzeug eines Handwerkers, und mit ihr allein würde ich keinen Blumentopf gewinnen“. Und doch beeindruckt genau diese Stimme, im Zusammenspiel mit einer gelassenen Entspanntheit, die Springsteen ausstrahlt. Es ist mehr ein Singsang, den der Mann aus Freehold, New Jersey von sich gibt, rauh-melodiös, mit Untertönen von Erschöpfung und Melancholie. Man würde am liebsten das ganze Buch von ihm selbst vorgelesen bekommen, so wie Springsteen da vorne in seinem Sessel sitzt und zum Beispiel liest, wie er einmal davon geträumt hat, die Stones würden in der heimischen Asbury Park Convention Hall spielen und er als Ersatzmann von Mick Jagger einspringen. Oder wie er dann wirklich mit den Stones in einem Studio ist und sich denkt: „Dass sind die Leute, die meinen Job erfunden haben!“ 

Ja, Springsteen wirkt auch in Frankfurt enorm down to earth, ganz bei sich. Er weiß dumme Fragen abzuwehren, etwa ob er nun die Bedeutung des Lebens erkannt habe nach dem Schreiben der Autobiografie („No“), erläutert, dass es weiterhin viel gute Musik gebe, etwa die von Kanye West oder Kendrick Lamar, („aber ich bin alt, ich kann nicht mehr alles hören), Musik aber nicht mehr das primäre Selbstfindungs- und Identifikationsmedium sei. Am Ende hat er auch noch einen Spruch parat zum Nobelpreis für Dylan und dessen bisheriges Schweigen: „Ich bin sicher, dass er sehr glücklich ist.“ 

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