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Sicherer Blick: Peggy Guggenheim.

© dpa

Filmische Biografie: Peggy Guggenheim: Stimme der Extravaganz

Nicht zuletzt dank dreier aufgetauchter Tonbänder gelingt Lisa Immordinos Film über die große Sammlerin.

Was hätte Lisa Immordino Vreeland ohne die Tonbandaufnahmen gemacht, die während der Recherchen entdeckt wurden? Ihre filmische Biografie „Peggy Guggenheim: Ein Leben für die Kunst“ zehrt von der leisen, etwas schleppenden Stimme jener Frau, deren Extravaganz so legendär ist wie ihr Kunstgeschmack. Was Peggy Guggenheim sammelte, ist in ihrem Palazzo in Venedig für alle zugänglich: Werke von Picasso, Alexander Calder, Kandinsky, Mondrian und Jackson Pollock, den sie entdeckte. Die kurzzeitige Galeristin, temporäre Ehefrau von Max Ernst und Besitzerin zahlloser Lhasa-Apso-Hunde, neben denen sie 1980 in ihrem Garten am Canal Grande begraben wurde, spricht offen: Ja, das Brechen ihrer Nase habe so wehgetan, dass sie den Eingriff mittendrin stoppte und lieber mit einem krummen Nasenbein herumlief, als sich noch einmal einer Schönheits-OP zu unterziehen. Und nein, Max Ernst hat sie wohl niemals geliebt, sondern sich 1941 die Ausreise nach New York finanzieren lassen, sie anschließend geheiratet – und sich nach anderen Frauen umgeschaut.

Die Stärke: Guggenheim kommentiert sich selbst

Ende der 70er Jahre führte Peggy Guggenheim dieses letzte Gespräch mit ihrer Biografin Jacqueline Bograd Weld. Drei der Tonbänder sind nun wieder aufgetaucht, Vreeland hat sie in Welds Keller gefunden. Zum Glück, denn andernfalls wäre die 90-Minuten-Dokumentation zwar eine unterhaltsame Chronologie geworden, mit Statements von Zeitzeugen und zeitgenössischen Kuratoren wie Hans Ulrich Obrist über Guggenheims Rolle für die Kunst der Moderne. Doch mehr als das sattsam Bekannte hätte die Regisseurin aus der Biografie dieser reichen, eigensinnigen Frau wohl kaum herausfiltern können. So aber kommentiert Peggy Guggenheim sich selbst durch das aufbereitete Film- und Fotomaterial.

Es zeigt sie und Marcel Duchamp, dokumentiert surreale Projekte, folgt Tristan Tzara, Salvador Dalí oder Hilla von Rebay an der Seite von Peggys Onkel Solomon R. Guggenheim. Hilla durfte als dessen Geliebte das wegweisende Guggenheim-Museum in New York ausstatten. Peggy, die ihr als Galeristin von Paris aus Künstler empfehlen wollte, ging leer aus: Hilla habe sie als Konkurrentin empfunden. Solche Urteile mögen subjektiv gefärbt sein, aber man hört sie lieber als einige der Äußerungen, in denen (männliche) Zeitgenossen Peggy nach allen Regeln der Küchenpsychologie sezieren. Das hat sie nicht verdient.
In Berlin im Cinema Paris, Rollberg und Filmtheater am Friedrichshain.

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