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Elmore Leonard: Road Dogs - ein ehrlicher Betrüger

Elmore Leonard reanimiert in „Road Dogs“ den Bankräuber Jack Foley. Sein Kriminalroman ist auch eine Studie über das menschliche Scheitern.

Wenn man Jack Foley längere Zeit kennt, weiß man, das er ein „guter Kerl“ ist. Sagt seine Exfrau. Andere halten ihn für einen „Scheißkerl“ oder „Klugscheißer“. Klug ist er tatsächlich, was auffällt, weil er sich im Milieu von Kleinkriminellen und Möchtegernpaten bewegt, in dem das Credo gilt: „Zu viel Nachdenken kann einen in Schwierigkeiten bringen.“ Man kennt diesen Foley in Gestalt von George Clooney aus dem Hollywood-Thriller „Out of Sight“, wo er durch einen Tunnel aus dem Gefängnis flieht, auf der Flucht mit einer Polizistin im Kofferraum landet und eine Affäre mit ihr beginnt. In Deutschland erschien Elmore Leonards Roman, der dem Film zugrunde liegt, unter dem schönen Titel „Zuckerschnute“.

Jetzt ist Jack Foley wieder da. Die Vollzugsanstalt Glades in Florida darf der Bankräuber nun, in Leonards neuem Roman „Road Dogs“, ganz legal verlassen, nachdem es eine supersmarte Anwältin geschafft hat, seine dreißig Jahre Haft auf dreißig Monate zu verkürzen. Er duscht aber weiterhin in Badelatschen, eine Knast-Gewohnheit, die er auch in der Freiheit nicht ablegen mag. Der Knast prägt und er schmiedet zusammen. „Wir sind Road Dogs, Mann, wir helfen einander, egal, was ist“, verspricht Knast-Kumpel Cundo Rey, ein kubanischer Gangster, der es als Koksdealer in Kalifornien zu Immobilienbesitz und einer Freundin gebracht hat, die „wie eine Heilige“ auf ihn wartet. Cundo hat Foley die Anwältin besorgt, er stattet ihn mit einer Prepaid-Kreditkarte aus und verlangt dafür nur eine klitzekleine Gefälligkeit. Der Freund möge schon mal vorausfliegen nach Venice Beach und dort bei der Geliebten nach dem Rechten sehen. Womit das Unheil seinen Lauf nimmt.

Leonard ist 85, er hat 42 Romane geschrieben, darunter die Vorlagen für die Filme „Schnappt Shorty“ und „Jackie Brown“. Sein Stil ist altmeisterlich, die wuchtigen und lakonischen Sätze stehen ganz in der Tradition des Hardboiled-Krimis, bieten aber ein Alleinstellungsmerkmal: Leonards funkelnden Witz. Seine Geschichte, erzählt in knappen Szenen aus den wechselnden Perspektiven der Figuren, ist auch eine Studie über das menschliche Scheitern. Hochtrabende Pläne enden im Missgeschick, angefangen von Foleys Pech bei einem Banküberfall: „Schon mal was von Farbbomben gehört?“

Dabei hat er mehr Banken in Amerika überfallen als jeder andere Verbrecher – 127 oder 187, seine Angaben sind ungenau –, und ist als „ehrlicher Betrüger“ bekannt für seine Freundlichkeit. Auf dem Zettel für die Kassiererin stand immer: „Seien Sie so nett und geben Sie mir alle Ihre Hunderter, Fünfziger und Zwanziger.“ Sein Gegenspieler ist ein FBI-Agent, der prophezeit: „Vom Tag deiner Entlassung an wird das komplette FBI an deinen scheiß Fersen kleben wie Kaugummi“, dann aber Urlaub nehmen muss, um Foley nach Kalifornien zu folgen. Zum Showdown wird bei einem Essen eine Walther PPK im Kochtopf serviert, am Ende liegen zwei Leichen in einer Tiefkühltruhe.Christian Schröder

Elmore Leonard: Road Dogs. Roman. Aus dem Amerikanischen von Kirsten Riesselmann und Conny Lösch. Eichborn Verlag Frankfurt/Main 2011.303 Seiten für 19, 95 €.

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