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Tatsächlich hat es ein gewissermaßen offizielles Muminhaus gegeben, das Jansson in den siebziger Jahren gebaut hatte.

© Arena

Die Mumins sind zurück: Beruhigende Ungewissheit

Drei Jahre nach Tove Janssons 100. Geburtstag gibt es eine neue Mumins-Buchoffensive.

Wer die drei klassischen Mumins-Bilderbücher von Tove Jansson kennt, wird sich zunächst wundern beim Durchblättern dieses Bandes mit dem Titel „Überraschung im Muminhaus“. Denn hier sind keine Zeichnungen der Mumins zu sehen, wie man sie von Jansson kennt, sondern Fotos eines Puppenhauses, von Ausschnitten dieses Hauses, und auch die Mumins-Figuren sind aus Stoffen und anderen Materialien modelliert.

Tatsächlich hat es ein gewissermaßen offizielles Muminhaus gegeben, das Jansson in den siebziger Jahren zusammen mit ihrer Freundin Tuulikki Pietiää und dem Arzt und Mumin-Fan Pentti Eistola gebaut hatte, wie es eingangs des Bandes steht: „Alle Möbel sind auch selbst gebastelt. Das hat lang gedauert und viel Spaß gemacht.“ Und wie sich Jansson einmal erinnert hat: „Tuulikki und Pentti Eistola waren die eigentlichen Konstrukteure, doch auch für mich fanden sich kleine Aufgaben, ich tapezierte, bezog die Möbel des Salons mit rotem Samt, mauerte...“.

Dieses zwei Meter große, zahlreiche Flure, Treppen und Zimmer enthaltende und mit einem Dach aus knapp 7000 handgefertigten Schindeln versehene Mumins-Haus wurde schließlich in Ausstellungen in Europa gezeigt und bildete einerseits den Hintergrund für Janssons 1978 geschriebene Erzählung „Die Puppenstube“, andererseits für ihr viertes und letztes, 1980 veröffentlichtes Mumins-Bilderbuch, in diesem Fall mit Fotos von ihrem Bruder Per Olov Jansson.

Dieses Bilderbuch erzählt zu Per Olovs Fotos die Geschichte eines ungebetenen Besuchers des Hauses, das eigentlich allen immer offensteht: „Doch dieser nächtliche Gast war kein normaler Besucher.“ Die kleine Mü ist die erste, die ungewöhnliche Geräusche hört, Nagegeräusche, und an Ratten denkt, sich dann auf die Suche im Haus macht, im Keller und in einem unterirdischen Gang, und dabei zudem noch einen sonderbar fremden, eher üblen Geruch bemerkt.

Nach und nach führt Tove Jansson so durch die vielen Räume des Hauses und stellt viele seiner Bewohner vor, von Mumins Eltern über den Onkelschrompel bis hin zu Knütt, Fitzel oder Homsa Toft. Der Muminvater weiß dann des Rätsels Lösung: „Es gab nur eine einzige Person auf der Welt, die so abscheulich stank, und das war sein geheimer Freund, der Abenteurer, Pirat und unverbesserliche Schurke Stinky!“ Am Ende finden sie Stinky, der Muminvater erzählt, wie er ihn kennengelernt hat, und natürlich bekommt Stinky gleichfalls Wohnrecht, in einem Kabuff mit Lüftungsklappe und Material zum Zernagen. Die Mumins-Familie ist schließlich schon mit ganz anderem Unbill fertig geworden.

Nachdem dieses Buch 1983 unter dem Titel „Der Schurke im Muminhaus“ im Wiener St. Gabriel Verlag erschienen und lange vergriffen war, hat sich nun der Würzburger Arena Verlag entschlossen, drei Jahre nach Tove Janssons 100. Geburtstag eine abermalige Mumins-Buchoffensive zu starten. Gab es bei Arena Janssons Mumins-Geschichten zuletzt lediglich als Taschenbücher, legt der Verlag sie nun sukzessive als Hardcover wieder auf. Dieser Tage ist mit „Winter im Mumintal“ (Übersetzt von Birgitta Kicherer 144 S., 10 €.) jener Band erschienen, der sich mehr noch an Kinder als an Erwachsene richtet und in dem Jansson im Subtext von ihrer Liebe zu Tuulikki Pietiää erzählt.

Mumin ist aus dem Winterschlaf erwacht und findet sich nicht zurecht in dieser ungewohnten, fremden Eis- und Kältewelt. Nur gut, dass er Too-ticki begegnet, die in einer Mulde liegt, ein Liedchen pfeift und es Mumin und vor allem seinen Refrain zu erklären versucht: „Der Refrain handelt nämlich von lauter Sachen, die man nicht versteht. Wie das Nordlicht, zum Beispiel. Man weiß nicht, ob es wirklich ist oder ob man es bloß sieht. Alles ist sehr ungewiss, und gerade das finde ich beruhigend.“

Das beruhigende Ungewisse findet sich in vielen Mumins-Büchern wieder, es ist das, was sie auszeichnet, was das Leben letztendlich erst spannend, liebens- und lebenswert macht. Das würde vermutlich auch die kleine Susanna sagen, die in dem dritten, ebenfalls von Arena neu aufgelegten Mumins-Bilderbuch von Jansson (28 S., 12, 99 €.) wie einst Alice in einem Wunderland landet, in diesem Fall dem der Mumins. Dabei hat sie viele gefährliche Abenteuer zu bestehen, im Kampf gegen die Naturgewalten, im Angesicht aufbrausender Meere, ausbrechender Vulkane und düsterer Wälder, deren Konturen und Farben die Malerin Jansson hier schön ineinanderlaufen lässt, die stets etwas Surreales haben.

Wie es sich gehört, wird alles am Ende gut, und Susanna fragt sich: „War dies alles wahr und richtig? Susanna weiß es nicht. Sie sagt: ,Ist nicht so wichtig.’“

Tove Jansson/ Per Olov Jansson:  Überraschung im Muminshaus. Aus dem Schwedischen von Birgitta Kicherer. Arena Verlag, Würzburg 2017. 48 Seiten, 9, 99 €. Ab acht Jahren.

Weitere Rezensionen finden Sie auf unserer Themenseite.

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