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Der österreichische Autor Robert Menasse hat den Deutschen Buchpreis 2017 gewonnen.

© Arne Dedert/dpa

Update

Deutscher Buchpreis für Robert Menasse: Eine Ehrung als politisches Signal

Gute Entscheidung: Der Wiener Schriftsteller Robert Menasse gewinnt mit seinem Roman "Die Hauptstadt" den Deutschen Buchpreis 2017.

Ach, es ist doch schön, wenn gestandene Schriftsteller wie im vergangenen Jahr der 68-jährige Bodo Kirchhoff und nun der 63-jährige Robert Menasse offenkundig gerührt sind. Wenn sie spontan nicht wissen, wohin mit ihrer Freude über den Deutschen Buchpreis. Menasse bekommt den Preis in diesem Jahr für seinen EU-und Brüssel-Roman „Die Hauptstadt“, und während Börsenvereinsvorsteher Heinrich Riethmüller die Begründung verliest, steht Menasse neben ihm, nestelt an einem Taschentuch und entscheidet sich dann, mit seinem Handy ein Foto des Auditoriums im Frankfurter Römer zu machen. „Gerührt“ sei er, sagt er schließlich, damit gerechnet habe er naturgemäß nicht.

So wie ihm und den anderen fünf Autorinnen und Autoren ging es dieses Jahr dem gesamten Literaturbetrieb: Wer den Preis bekommen würde, war offener denn je, einen Favoriten hat es nicht gegeben. Vielleicht ist Menasse ein Kompromiss-Sieger. Vielleicht erschien der Jury Thomas Lehrs Jahrhundert-Roman „Schlafende Sonne“ als zu artistisch und sperrig, Sasha Marianna Salzmanns Familienroman „Außer sich“ mit einer queeren Hauptfigur als zu sprunghaft, als nicht konzise genug, Marion Poschmanns Japan-Roman „Die Kieferninseln“ als zu wenig politisch? Das bleibt Spekulation, sie alle hätten es tatsächlich genauso verdient gehabt.

Der Deutsche Buchpreis an Robert Menasse ist deshalb auch ein politisches Signal

Robert Menasse ist mit „Die Hauptstadt“ ein guter, würdiger Preisträger. Zumal in einer Zeit, in der „Europa“, das Projekt, in Europa nicht mehr so hoch im Kurs steht. In der in vielen Ländern Europas das Nationale durch immer populärer werdende und populistische rechte Parteien gepitcht wird. Der Deutsche Buchpreis an Robert Menasse ist deshalb auch ein politisches Signal – und soll das explizit sein, wie die Jurybegründung verrät: Zeitgenossenschaft sei „darin literarisch so realisiert, dass sich Zeitgenossen im Werk wiedererkennen und Nachgeborene diese Zeit besser verstehen werden."

Der Wiener Schriftsteller erzählt vom Schicksal einer ganzen Reihe von Figuren, die in der Hauptstadt Europas für die EU-Institutionen arbeiten, unter anderem für die Generaldirektion Kultur der Europäischen Kommission. „Die Hauptstadt“ ist ein vielschichtiger, hintergründiger und sowieso gut geschriebener Roman, der überdies unterhaltende, kriminalistische Elemente enthält. Die EU und ihre Behörden werden durch ihn lebensnaher, fassbarer.

Menasse versucht das in seiner kurzen Dankesrede zu verstärken, als er erwähnt, dass eben jene EU-Kultur-Generaldirektion es vermocht habe, die Buchpreisbindung erfolgreich zu verteidigen - gegen die Bestrebungen Amazons, sie zu kippen, Der Beifall, klar, schwillt im Frankfurter Römer mit seinen ausschließlich im Literaturbusiness tätigen Publikum daraufhin noch einmal an.

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