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Weitermacher. Die Musiker von LeVent sind Veteranen des Indierock.

© Cargo

Debütalbum von LeVent: Im Rausch des Lärms

Wut und Poesie: die Berliner Band LeVent spielt stoisch-schönen Indierock. Ihr Debütalbum ist ein kleines Sommerwunder.

Sirrende E-Gitarren-Akkorde, die nach Sägewerk klingen. Dann stampfen Bass und Schlagzeug durch Feedbackgekröse. Ein Song wie ein Schlag in den Magen. „I heard you say something on the phone“, stöhnt die Sängerin. Und schreit: „And then it hit me.“ „Hit Me“ heißt das Wutstück von der Berliner Band LeVent. Es ist wirklich ein Hit. Und eine Kürzestgeschichte, eine Minute und 12 Sekunden lang, über einen Anruf, der dem Angerufenen den Boden unter den Füßen wegzieht. Bei Anruf Tod.

Dieser Noiserock soll wehtun. Weil die Welt wehtut. LeVent, deren Debütalbum gerade herausgekommen ist, stehen in der Tradition von Bands wie Sonic Youth und Hüsker Dü, die in den achtziger Jahren den Gitarrenrock noch einmal neu erfunden haben. Es ging nicht länger ums Virtuosentum, Soli waren verpönt, Ziel war ein gleichmäßiger, mit Hall unterlegter, stark repetitiver Sound, der in den Rausch und in die Entgrenzung führen sollte. Dann kam der Grundgerock, der mit seiner Expressivität diesen Zen-Buddhismus der Stromgitarren vom Tisch fegte.

Es geht ums Weitermachen

Bassistin, Gitarristin und Sängerin Heike Marie Rädeker, Bassistin Maryna Russo und Drummer Frank Neumeier haben bei 18th Dye, Wuhling, Metal Ghost oder dem Caspar Brötzmann Massaker gespielt und machen jetzt unter neuem Namen dort weiter, wo sie niemals aufgehört haben. Nur dass ihre Musik nun noch präziser, stoischer und abstrakter klingt. Der Name ist vieldeutig. Im Französischen steht er für den Wind, im Türkischen ist er ein verbreiteter Vorname, der eine „stattliche Person“ bezeichnet, und im Osmanischen Reich wurden Marinesoldaten so genannt.

Tiere sind klüger als wir

Eine unmittelbare Botschaft gibt es bei LeVent nicht, aber aus dem Getöse schälen sich immer wieder Parolen und Erzählfragmente heraus wie „Animals are smarter than us“ oder „What if things would become easy again?“. Es sind entrückte Leidens- und Leidenschaftslieder, die „Rabbits“, „Fernweh“ oder „Empathy“ heißen. Ihre spröde Schönheit zeigt sich wie durch Milchglas. Für die Charts wird es wohl auch diesmal nicht reichen, aber das ist nicht schlimm. „Mit Musik ist es ein Glücksfall“, hat Rädeker in einem Interview gesagt. „Entweder es passt gerade und brennt oder es ist eben nicht der Fall. Wir gehen den Weg, mal sehen, wie weit und was geht.“ Mit ihrer Band 18th Dye hat sie Berliner Förderwettbewerbe gewonnen, eine Tour durch die USA absolviert und ein Album mit dem Produzenten Steve Albini aufgenommen. Sie behauptet, kein großer Fan von Sonic Youth zu sein. Vor allem möchte sie nicht länger mit der Sonic-Youth-Bassistin Kim Gordon verglichen werden.

„LeVent“ von LeVent ist bei a recordings/Cargo erschienen.

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