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Gut aufgelegt, trotz Alzheimer und Krebs. Ella (Helen Mirren) und John (Donald Sutherland).

© Concorde Filmverleih

„Das Leuchten der Erinnerung“ im Kino: Eine letzte Reise zu zweit

Donald Sutherland und Helen Mirren retten die Alzheimer-Tragikomödie „Das Leuchten der Erinnerung“ vor der Belanglosigkeit.

John, gespielt von Donald Sutherland, lässt keinen Zweifel an seinen Wünschen. „Ich will einen Burger“, tönt der stattliche Mann am Steuer des Wohnmobils, in dem er mit Ehefrau Ella (Helen Mirren) auf Reisen gegangen ist. Selbst als das Paar schon im Schnellimbiss sitzt und sich von einer Kellnerin die Spezialitäten des Tages aufsagen lässt, bleibt John stur.

Spätestens hier macht Regisseur Paolo Virzi deutlich, dass mit John etwas nicht stimmt. Der ehemalige Lehrer kann sich an jeden Satz seines Lieblingsautors Hemingway erinnern und wird nicht müde, über seine Leidenschaft vor seinen gequälten Zuhörern zu monologisieren. Doch wie man sich in einem Restaurant benimmt oder wie seine Kinder heißen, vergisst er zuweilen. Virzis Tragikomödie „Das Leuchten der Erinnerung“ gehört zum wachsenden Genre des Alzheimer-Films, nach „Iris“ mit Judi Dench (2001), „An ihrer Seite“ mit Julie Christie (2006), „Still Alice“ mit Julianne Moore (2014) und David Sievekings Feelgood-Dokumentarfilm „Vergiss mein nicht“ (2012).

Mirren und Sutherland retten den Film

In seinen besten Jahren – und um die Fallhöhe zwischen Gesund- und Krankheit zu verstärken – war John ein geistig reger Mensch, dessen Charme jeden becircte. Der blitzt heute nur noch auf, um die Anziehung zwischen dem Literaturprofessor und der Plaudertasche Ella zu erklären. Und so fährt das alte Ehepaar mit dem Wohnmobil in den Süden – eine Erinnerungsreise soll es werden, bei deren Stopps Ella Diaabende veranstaltet, um ihrem Mann die Meilensteine ihres gemeinsamen Lebens ins Gedächtnis zu rufen. Zum Entsetzen der Kinder: Ella hat Krebs im Endstadium und sollte sich eigentlich einer Therapie unterziehen.

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Allein Sutherland und Mirren, die sich (zumindest im englischen Original) in ihren Akzent hineinschwatzt wie einst Vivian Leigh als „Southern Belle“ Scarlett O’Hara, lassen die vorhersehbare Geschichte nicht in der Seichtigkeit absaufen. Ihr Humanismus schützt den Film, macht ihn aber trotz zwei großartiger Stars und einer schönen Wendung nicht zu dem erhofft großartigen Ereignis. Viele Situationen sind typisch, die zwischenmenschlichen Konstellationen zu ausgetreten. Allein am dramaturgischen Höhepunkt im ehemaligen Haus Hemingways schafft Virzi so etwas wie Intensität: Wie John selbstvergessen – beziehungsweise selbstvergesslich – auf einer Latino-Hochzeit tanzt, während Ella einen persönlichen Schlag zu verkraften hat, erzählt eine gesellschaftliche Ebene mit, die der Film – trotz zeitlicher Verankerung im Wahlkampf Donald Trumps – vermissen lässt. Der Umgang mit Alzheimer hat neben der privaten schließlich immer eine öffentliche Komponente: Auch das kollektive Gedächtnis wird ausgelöscht.

In 13 Berliner Kinos, OmU: Central, Filmtheater Friedrichshain, Kulturbrauerei, Odeon, Rollberg

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