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Die australische Musikerin Courtney Barnett.

© Verstärker

Courtney Barnett in Berlin: Lass uns loslärmen

Courtney Barnett gab im ausverkauften Heimathafen Neukölln ein grungerockiges Konzert, das letzte auf ihrer Tour zum Debütalbum "Sometimes I Sit And Think And Sometimes I Just Sit".

Von Oliver Bilger

Wenn Courtney Barnett auf der Bühne ganz versunken ist, sieht sie immer ein bisschen aus wie ein Kind kurz vor dem doppelten Looping in der Achterbahn: die großen Augen weit aufgerissen, der Mund leicht offen, der Pony klebrig, dabei aber unglaublich zufrieden mit sich. Das kann die 27-jährige Australierin aus Melbourne auch sein. Gerade ist ihr Debütalbum „Sometimes I Sit And Think And Sometimes I Just Sit“ erschienen. Eine gewisse Bekannheit hatte sie schon vorher durch ihre Doppel-EP „A Sea Of Split Peas“, mit der sie sich ihr vor einem Jahr den Ruf eines vielversprechenden Newcomers erarbeitet hatte.

Verglichen mit den Alben sind Courtney Barnetts Liveauftritte allerdings gewöhnungsbedürftig. Die Aufnahmen grooven, alle Instrumente sind sehr klar aufeinander abgestimmt und Barnetts wunderschöne Alltagslyrik, vorgetragen mit leicht rauchiger Stimme, liegt über allem. Auf der Bühne des ausverkaufen Heimathafens Neukölln – es ist das letzte Konzert der Tour – ist der Sound nun deutlich grungiger und gröber. Ein zweiter Gitarrist, den sie auf der letzten Tour und auf den Debütalbum dabeihatte, hätte dem Klangbild gutgetan. Auch Barnetts zurückhaltender Sprechgesang, der auf Platte noch die Songs trägt, geht live manchmal unter oder wird regelrecht grölig.

Ohne Plektron bearbeitet Courtney Barnett ihre E-Gitarre

Courtney Barnett – im XL-Streifenshirt und wie immer mit Doc Martens – und ihre beiden Begleiter an Bass und Schlagzeug wirken, als würden sie irgendwo im Melbourne-Vorort Preston zusammen jammen, ohne dass 800 Fans ihnen dabei auf die Finger schauen. Laut ist es, sehr laut. Und schrammelig. Man könnte dabei glatt überhören, dass Courtney Barnett sehr gut weiß, was sie an der Gitarre macht. Sie spielt ihre schwarze Linkshänder-Telecaster ohne Plektron und wechselt immer wieder zwischen gezupften und geschlagenen Passagen. Für einige Songs, zum Beispiel für das wunderschöne „Small Poppies“, hängt sie sich eine Bariton-Gitarre um, die eine Oktave tiefer gestimmt ist und noch twangiger klingt. Mit ihr bekommen die Stücke etwas Verträumtes.

Im Publikum scheinen viele ihre EPs zu kennen, am meisten Applaus bekommt Barnett für „Avant Gardener“ und „History Eraser“, zwei frühe Songs, in denen ihr gutes Songwriting-Gespür besonders zur Geltung kommt: „I found an Ezra Pound/And made a bet that if I found/A cigarette I’d drop it all and marry you./ Just then a song comes on:/,You can’t always get what you want‘/The Rolling Stones, oh woe is we, the irony!“

Ihren feinen Texten zum Trotz ist Barnett auf der Bühne keine große Rednerin. Gegen Ende durchbricht sie die Kette aus „Thank you“ und „The next song’s called ...“ dann doch, um zu bemerken, dass dieser Saal „fucking big“ sei und sie im November in Berlin noch vor 200 Leuten gespielt habe. Als erste Zugabe covert sie allein das Lemonheads-Stück „Being Around“, das sie am liebsten selbst geschrieben hätte, und lärmt zum Finale mit „Nobody Really Cares If You Don’t Go To The Party“ noch mal richtig los. Hoffentlich ist sie bald zurück, sonst müsste man nämlich über einen Umzug nachdenken.

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