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Letzte Putzarbeiten. Blick auf das Eosanderportal.

©  Kitty Kleist-Heinrich

Countdown beim Humboldt-Forum: Der Bau steht, doch wer hat das Sagen?

Für das Humboldt-Forum ist 2018 das entscheidende Jahr. Die Gerüste fallen, die ersten Exponate kommen aus Dahlem.

Schade, das hätte man gerne genauer gewusst: ob Inés de Castro die Leitung des künftig fusionierten Ethnologischen Museums und Museums für Asiatische Kunst übernimmt und damit zur Doppeldirektorin wird. Doch die Vertreter der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss wollen bei ihrer Jahrespressekonferenz zu der durchgesickerten Personalie nichts sagen. Es soll hübsch bei erhofften Besucherzahlen, Veranstaltungsplänen für 2018, dem Bericht über Fortschritte auf der Baustelle bleiben. Zur Besetzung des neuen Postens müsse sich die Stiftung Preußischer Kulturbesitz schon selber äußern, heißt es kurz und knapp.

Genau darin besteht das Problem. Wer macht was beim Humboldt-Forum? Wer hat welche Kompetenzen? Warum fehlt die Preußenstiftung als einer der wichtigsten Player des neuen Supermuseums im Zentrum der Stadt bei einem solchen Termin? Nächstes Jahr geht es an den Start, und noch immer ist nicht klar, wer den Hut auf hat beim Bespielen der 23 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche: die Humboldt Kultur GmbH als Tochter der Stiftung oder die Chefs der Sammlungen?

Während das Personal bei der Stiftung Humboldt Forum enorm anwachsen wird – 350 Stellen sollen für Bildung, Projekte und Programmgestaltung besetzt werden– , fehlt es den Sammlungen an Kuratoren, um die zusätzlichen Aufgaben (Provenienzforschung!) zu leisten. Noch eine Frage: Was wird aus der Gründungsintendanz, wenn Neil McGregor nach der offiziellen Eröffnung gegangen ist? Wer bleibt vom ursprünglichen Trio mit Preußenstiftungs-Chef Hermann Parzinger und dem Kunsthistoriker Horst Bredekamp? Die Pressekonferenz trägt nicht dazu bei, den Verdacht von Doppelstrukturen und unklarer Aufgabenverteilung beim Humboldt-Forum zu entkräften.

Der Berufung einer neuen Chefin für die Dahlemer Sammlungen kommt deshalb enorme Bedeutung zu. So viel verrät die Preußenstiftung denn doch auf Nachfrage: Der Stiftungsrat hat sich für eine Berufung von de Castro ausgesprochen. Präsident Parzinger erhielt den Auftrag, mit der renommierten Ethnologin zu verhandeln, die seit 2010 das Linden-Museum in Stuttgart leitet. Um deren Bleiben kämpft gleichzeitig das baden-württembergische Kunstministerium, hat sie doch dem Haus neue Aufmerksamkeit beschert, etwa mit einer Inka-Ausstellung 2014. Dennoch dürfte es für die gebürtige Argentinierin reizvoller sein, ein neues Weltmuseum mitzueröffnen als um die Sanierung eines zwar bedeutenden, aber maroden Landesmuseums zu ringen, das durch Verzögerungen des Bahnprojekts Stuttgart 21 auf der Stelle tritt.

Bei der Baustelle des Humboldt-Forums dagegen geht es sichtbar voran. Gegenwärtig werden die Fassaden verputzt, im Frühjahr sollen die Gerüsten fallen, beim Tag der offenen Baustelle Ende August wird ein vollendeter Schlüterhof präsentiert. Und schon bald sollen die Dahlemer Großexponate – die Südseeboote und -häuser sowie die buddhistischen Höhlenmalereien der Seidenstraße – durch eigens in der Fassade freigelassene Öffnungen ins Haus gehievt werden, wo sie dann noch ein Jahr in Klimakisten ausharren. Im Frühjahr 1919 werden die zweite und dritte Etage der Stiftung Preußischer Kulturbesitz übergeben, die dann mit der Einrichtung beginnen kann. Als allerletzter Akt wird die Laterne mit einem Kran auf die Kuppel gesetzt, so der Plan.

Bauvorstand HansDieter Hegner gibt sich zuversichtlich, alles im Zeit- und Kostenrahmen zu schaffen, auch wenn der aktuelle Bauboom mit seiner enormen Nachfrage bei den Handwerksbetrieben eine Herausforderung darstellt. Doch demPrestigeprojekt Humboldt-Forum bleiben sie bislang treu, handelt es sich doch um einen Großauftrag. Lavinia Frey, Kulturvorständin der Stiftung und Geschäftsführerin der Humboldt Kultur GmbH, betont ebenfalls die Bedeutung des Jahres 2018 für den künftigen Betrieb. Nachdem gerade die Ausstellung „Vorsicht Kinder!“ mit 88 000 Besuchern in der Humboldt-Box zu Ende ging, werden das PhonogrammArchiv des Ethnologischen Museums und das Lautarchiv der Humboldt-Universität unter dem Titel „Laut – die Welt hören“ ab 22. März ihre Tonaufnahmen präsentieren. Geplant ist außerdem eine internationale Expertenkonferenz, bei der die Kuratoren ihr Ausstellungskonzept mit Kollegen diskutieren (26. bis 28. Januar). Ferner die Fortsetzung der Koproduktion mit dem Deutschen Theater, an deren Ende eine Inszenierung von Andres Veiel zur Eröffnung des Humboldt-Forums stehen wird.

Johannes Wien, Sprecher des Vorstands der Stiftung Humboldt Forum, gibt schließlich einen optimistischen Ausblick auf Besucherzahlen: drei bis vier Millionen werden pro Jahr erwartet, rund 10 000 am Tag. Gerne können doppelt so viele kommen. Nach wie vor soll es freien Eintritt für die Dauerausstellungen geben, zumindest die ersten drei Jahre, so das Versprechen der Politik. Um das Publikum dann von einem Angebot zum anderen in Berlins Mitte zu geleiten, haben sich die großen Häuser ringsum in der Kultur-AG „Spree-Insel“ zusammengeschlossen.

Mag der Funke zwischen den Kulturmachern übergesprungen sein, bei den Menschen der Stadt muss es noch geschehen; sie sollen spenden. Noch fehlen dem Großprojekt ein Drittel an Geldgaben, knappe 30 Millionen Euro. Auch dafür hat der Countdown begonnen. 2018 wird für das Humboldt-Forum zum Entscheidungsjahr. Nicola Kuhn

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