zum Hauptinhalt
Faust auf Faust: Eine Doppelseite aus dem Band.

© Schreiber & Leser

Manga: Rabiate Ringer

Ungewöhnlich heftig: In „Wie hungrige Wölfe“ lässt der sonst so feinsinnige Manga-Star Jiro Taniguchi die Fäuste sprechen.

Von Narben überzogene Krieger der Neuzeit. Brutale, ja geradezu exzessive Kämpfe, in denen Blut spritzt, Knochen bersten und Zähne ausgeschlagen werden. Und dann auch noch deftige Sex-Szenen. Keine Frage: Obwohl es derselben klaren, realistischen Linie der bisher ins Deutsche übersetzten Werke von Jiro Taniguchi („Vertraute Fremde“, „Die Sicht der Dinge“) folgt, sticht „Wie hungrige Wölfe“ im hierzulande von den Verlagen Schreiber & Leser sowie Carlsen zusammengestellten Portfolio des japanischen Manga-Stars ganz schön heraus.

Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass z. B. Taniguchis Kollaborationen mit Autor Garon Tsuchiya, die im Original ebenfalls bereits Anfang der 90er erschienen und wie der vorliegende Band allesamt im Kampfsport-Metier angesiedelt gewesen sind, bisher nicht auf Deutsch veröffentlicht wurden. Und natürlich sind Themen wie Karate und Wrestling in Japan zwei völlig andere Hausnummern als hier in Deutschland.

Der vertraute Fremde

Dabei stammt die Vorlage zu „Wie hungrige Wölfe“ von Romancier Baku Yumemakura, auf dessen Prosawerk auch schon Taniguchis beeindruckendes Bergsteigerepos „Gipfel der Götter“ beruhte. Dennoch ist das nicht der für den deutschen Markt vorselektierte Taniguchi - nicht der europäischste Star der fernöstlichen Manga-Szene. Vielleicht ist dieses brachiale Werk aber gerade deshalb als besonders interessant zu bewerten und letztendlich trotz seiner erzählerischen Mankos mehr als eine geschlossene Lücke in der Sammlung, zeigt es doch auch eine andere Seite des sonst so feingeistigen Mangakas.

Am Ende blitzt der dem deutschsprachigen Leser „vertraute Taniguchi“ - dieser vertraute Fremde, der sonst so meisterhaft von der Natur des Menschen, der Sicht der Dinge oder einem Zoo im Winter erzählt - immerhin in einer einzigen Szene der knapp 300 Seiten starken Geschichte durch, wenn die beiden Kontrahenten kurz vor dem finalen Showdown friedlich nebeneinander durch die Stadt joggen und sich unterhalten. Ansonsten gibt es nach Taniguchi-Maßstäben durchgehend ungewohnt viel und ungewohnt heftig auf die Mütze.

Brachial: Das Covermotiv.
Brachial: Das Covermotiv.

© Schreiber & Leser

Einen Vorteil hat das 1990 entstandene Sport-Drama aus der Welt des Kampfsports außerdem: Kurioserweise kann „Wie hungrige Wölfe“ trotz seines Alters nämlich als topaktuelle Analogie auf die gegenwärtige Situation des Pro-Wrestlings und des Sports Entertainment gesehen werden, die heute tatsächlich mehr denn je von den Mixed-Martial-Arts-Ligen bedroht sind, wo verschiedene Kampfsportarten zusammenfließen und die Kämpfe nicht Teil eines zwar athletischen und mitreißenden, aber eben auch abgesprochenen Show-Spektakels sind.

Jiro Taniguchi (Zeichnungen) und Baku Yumemakura (Szenario): Wie hungrige Wölfe, Schreiber & Leser, 288 Seiten, 16,95 Euro. Leseprobe auf der Website des Verlages.

Der Blog unseres Autors Christian Endres findet sich hier: www.christianendres.de.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false