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„Strüssjer-Bomben“ als letztes Mittel: Eine Seite aus dem ersten LDH-Heft.

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Comicserie „Liga Deutscher Helden“: Eine andere Liga

Ein deutsches Superhelden-Team nach US-Vorbild von erfahrenen Zeichnern und Autoren? Interessante Idee! Doch diese scheitert an der Ausführung.

Angeführt vom weisen Captain stellt sich die Liga Deutscher Helden gegen Mutanten und Metawesen. Ihre Mitglieder zeichnen sich durch regionaltypische Eigenschaften aus. Der Gamsbart hat übermenschliche Kräfte, spricht mit bayerischem Dialekt und trägt Lederhosen. Die Rhein-Nixe Lorelei gebietet über das Wasser, der Jeck ist die Karnevalsvariante von Batman und macht seine Gegner mit „Strüssjer-Bomben“ und ähnlichen Ausrüstungsgegenständen unschädlich. Und die Chimäre, eine ehemalige ostdeutsche Schauspielerin, ist eine Gestaltenwandlerin. Später gesellt sich noch der steinerne Watzmann dazu.

Was auf den ersten Blick wie eine Parodie erscheint, ist absolut ernst gemeint. Genau wie die Justice League oder die Avengers sehen es die deutschen Helden als ihre Pflicht und Aufgabe für das Gute zu kämpfen. Und wie die Vorbilder sind die heimischen Helden auch gezeichnet. Mit harter Linie werfen sich die muskulösen Superwesen in spektakuläre Posen. Die glänzende Kolorierung unterstreicht die popkulturelle Kaugummi-Atmosphäre der Geschehnisse.

Wandelnde Klischees

Zumindest im ersten Teil des Heftes „Vorboten“, im zweiten Teil „Abgründe“ ändert sich alles radikal. Die Zeichnungen und die Koloration werden kantiger, statischer und reduzierter. Das Gesamtbild wirkt älter, wie ein Comic aus den 60er Jahren. Was ein besonderer Kniff sein soll, um die erzählte Rückblende interessant zu inszenieren, wirkt eher dröge und uninspiriert.

Dieses Problem hat das Comic allgemein. Einerseits möchte es keine Parodie sein, andererseits sind die Protagonisten auf allen Ebenen wandelnde Klischees. Vor allem der alberne Jeck und der grobschlächtige Gamsbart irritieren mit Dialektsprache und unangebrachten lockeren Sprüchen. Die Dialoge sind dabei hölzern und die Formulierungen wirken oft peinlich verkrampft auf vermeintliche Epik getrimmt.

Fortsetzung folgt: Das Cover des ersten LDH-Heftes.
Fortsetzung folgt: Das Cover des ersten LDH-Heftes.

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Auch der Bruch durch die Zweiteilung des Hefts ist eher verwirrend: Als Leser hat man zunächst den Eindruck, es handele sich im zweiten Teil um eine völlig andere Geschichte. Hier versucht man verzweifelt, so etwas wie Charaktertiefe und Seriosität zu erschaffen. Doch auch das misslingt am Ende aufgrund von überladenem Pathos und klischeehafter Tragik. Die sehr offensichtlich eingefügten Cameo-Auftritte von einzelnen Kickstarter-Unterstützern tragen einen weiteren Teil zu der Befremdlichkeit bei, die einen als Leser unweigerlich überkommt.

Heldentruppe der deutschen Mainstream-Comicszene

Das Team hinter dem Projekt könnte man selbst als Heldentruppe der deutschen Mainstream-Comicszene bezeichnen: Jan Dinter, Oliver Naatz, Martin Frei, Frans Stummer, Stefan Dinter, Gerhard Schlegel und Oliver Kammel sind allesamt erfahrene und erfolgreiche Zeichner und Autoren, die inhaltliche Gesamtleitung liegt wie schon bei den im vergangenen Jahr gestarteten „Austrian Superheros“ bei Comic-Autor Harald Havas.

Umso überraschender, dass der Comic in so vielen Bereichen enttäuscht. Tonal, optisch und inhaltlich fehlt eine klare Linie. Hinzu kommt, dass es dem Konzept an innovativen Ideen auf narrativer Ebene fehlt. Eine bunt gemischte Superhelden-Truppe, die das Land vor irgendwelchen Schurken beschützt, lockt heutzutage niemandem mehr hinter dem Ofen hervor.

Vielleicht hätte es auch ganz gut getan, die eine oder andere Frau im Kreativteam zu haben. In der englischsprachigen Superheldenwelt kamen so eine Vielzahl an neuen Themen und Ideen zum Vorschein. Denn Themen, gerade auf Deutschland oder gar Europa bezogen, gäbe es genügend: Rechtsruck, Klimawandel, soziale Gerechtigkeit. Doch so kann die Liga mit den Vorbildern aus Übersee nicht mithalten und wirkt wie ein ambitioniertes Fanprojekt.

LDH - Liga deutscher Helden, Heft 1, Contentkaufmann, 36 Seiten, 4,90 Euro

Lara Keilbart

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