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Comic von Margaret Atwood: Der Kampf der Katzenmenschen

Die Schriftstellerin Margaret Atwood ist schon seit langem ein Comicfan. Mit dem Zeichner Johnnie Christmas hat sie jetzt ihre eigene Superheldenreihe „Angel Catbird“ geschaffen.

Es gibt Comic-Künstler, die sich belletristisch versuchen, aber Schriftsteller, die zu Comic-Autoren werden, sind rar. Die Kanadierin Margaret Atwood, Booker-Preisträgerin und in Deutschland durch Romane wie „Der Report der Magd“ und „Der blinde Mörder“ bekannt, hat das Szenario eines Comics geschrieben, der am Dienstag in den USA erscheint: „Angel Catbird“.

Ist dies der endgültige literarische Ritterschlag für die nicht mehr so richtig geschmähte „neunte Kunst“? Atwood unterläuft derartige Erwartungen und präsentiert keine „Graphic Novel“, sondern – ausgerechnet – eine Superhelden-Serie um eine Mischfigur zwischen Mensch, Katze und Eule.

Katzenbesitzerin und Vogelschutzaktivistin

Schließt sich nun der Kreis, sind wir nach anspruchsvollen, im Feuilleton hochgelobten Werken wieder bei der einst viel gescholtenen „Schundliteratur“ angelangt? Natürlich nicht, auch dieser Comic zeichnet sich durch das kreativ inszenierte Zusammenspiel von Text und Bild aus. Einerseits variiert Atwoods „Angel Catbird“ recht konventionell genre-typische Erzählmuster wie die ewige Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse und die Verwandlung des „normalen“ Menschen durch ein schiefgelaufenes Experiment.

Andererseits zeigt sie sich als durchaus eigenwillige Comic-Autorin. Unterstützt von Zeichner Johnnie Christmas hat die Schriftstellerin ein im Vergleich zu den Fantasiewelten der Mainstream-Superhelden durchaus schrulliges Universum geschaffen, geprägt von ihrer eigenen Biografie als Katzenbesitzerin und Vogelschutzaktivistin.

Im Vorwort erläutert die 1939 geborene Atwood ihre Comic-Begeisterung und bezeichnet eine mögliche Comic-Karriere als „ungelebtes Leben“. Sie verschlang die Zeitungs-Strips genauso wie Superhelden-Hefte und nicht zuletzt die Classic Comics (Illustrierte Klassiker) mit Bildungsanspruch. Ein solcher Anspruch durchzieht auch „Angel Catbird“; immer wieder gibt es Statistiken zur Situation von Katzen und Singvögeln.

Eine Halb-Ratte als dämonischer Drahtzieher

Atwood zeichnet auch selbst – schon als Kind fliegende Katzen, später einen politischen Strip – und hat sich an der optischen Entwicklung der Charaktere beteiligt. Angesichts der verspielten Behandlung der romantisch-sexuellen Attraktion zwischen dem Protagonisten und dem unvermeidlichen weiblichen Gegenpart, eine Mischung aus Mensch und Katze namens Cate Leone („Purrfect“), drängt sich das Prädikat „niedlich“ auf.

Als Allegorie ist die Fantasiewelt Atwoods aber durchaus problematisch. In ihrem Klub wollen die Halbkatzen einen Menschen nicht haben und sie sind auch nicht begeistert, als er sich als Mensch-Vogel-Katze-Mischling erweist; nur ein Machtwort von Cate hilft. Die tribalen Instinkte, die hier zum Ausdruck kommen, belasten unsere Gegenwart. Es ist auch wenig originell, dass Atwood Ratten als Gegenspieler der Halbkatzen konzipiert, dirigiert von einer Halb-Ratte als unvermeidlichem dämonischem Drahtzieher. Vielleicht irritiert diese Anordnung so sehr, weil Atwoods Heimatland Kanada als gelungenes Beispiel einer multikulturellen Gesellschaft gilt, mit einer funktionierenden Einwanderungs- und Integrationspolitik, ohne rechtspopulistische Hasspropaganda.

Margaret Atwood (Story), Johnnie Christmas (Zeichnungen) und Tamra Bonvillain (Farben): Angel Catbird, Dark Horse Books, Band 1 , 112 Seiten, 7,99 Euro

Thomas Greven

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