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Sezierte Biografie: So hat Simon Schwartz wichtige Stationen im Leben Rudolf Ludwig Karl Virchows (1821-1902) zu Papier gebracht.

© Simon Schwartz

Update

Comic-Projekt „Das Parlament“: 20 Leben für die Politik

Simon Schwartz' Bundestags-Ausstellung „Das Parlament“ ist bis 21. Januar 2018 verlängert worden. Wir zeigen eine Auswahl seiner Politiker-Biografien.

Manche dieser Namen kennt man, aber so hat man ihre Biografien noch nicht vermittelt bekommen. Rudolf Ludwig Karl Virchow zum Beispiel, in Berlin als Klinikums-Namenspate auch 115 Jahre nach seinem Tode sehr präsent. Dass der Pathologe und Medizin-Pionier sich jahrzehntelang als Mitglied der Stadtverordnetenversammlung sowie 13 Jahre lang als liberaler Reichstagsabgeordneter auch politisch engagierte, weiß man heutzutage allerdings kaum noch.

Ein Duell? Keine zeitgemäße Art der Diskussion

Daran erinnert eine von 20 mit klarer Linie gezeichneten Comic-Biografien, die der Hamburger Künstler Simon Schwartz („Drüben!“, „Packeis“) für den Bundestag geschaffen hat - die erste Comic-Auftragsarbeit in der Geschichte des Parlaments. Sie zeigt Schlüsselszenen aus dem politischen Leben Virchows, angeordnet im und neben dem Längsschnitt eines menschlichen Kopfes. So wird die vielseitige Bedeutung Virchows anschaulich vermittelt, der sich neben seinen naturwissenschaftlichen Verdiensten für eine liberale, soziale Gesellschaft starkgemacht hat.

Damit verärgerte er unter anderem Otto von Bismarck offenbar so sehr, dass dieser ihn 1865 zum Duell aufforderte. Was Virchow ablehnte, da er darin „keine zeitgemäße Art der Diskussion“ sah, wie man in Schwartz‘ gezeichneter Kurzbiografie erfährt.

Die hängt seit gut drei Monaten in der Abgeordnetenlobby des Bundestages, zusammen mit 19 weiteren je eine Seite füllenden Biografien aus Schwartz’ Reihe „Das Parlament“. Eigentlich sollte die Ausstellung kürzlich auslaufen, aber wie Simon Schwartz mitteilt, ist die bis zum 21. Januar 2018 verlängert worden. Für die Öffentlichkeit zu sehen sind die Arbeiten allerdings nur im Rahmen einer Kunstführung durch das Reichstagsgebäude. Danach gehen sie in die Kunstsammlung des Bundestages.

Wie schon in Schwartz‘ Serie „Vita Obscura“, die sich kuriosen Biografien der Geschichte widmete, hat er auch hier für jede Lebensgeschichte eine andere Form gefunden. Die Biografie des einstigen SPD-Vorsitzenden Hugo Haase zum Beispiel wird in neun Panels erzählt, die auf tiefrotem Hintergrund liegen – was sich bei näherem Hinsehen als Mordszene herausstellt: Haase wurde 1919 bei einem Attentat erschossen.

In der Abgeordnetenlobby: Bis Ende November hängen Schwartz' Arbeiten im Bundestag.
In der Abgeordnetenlobby: Bis Ende November hängen Schwartz' Arbeiten im Bundestag.

© Lars von Törne

Oder Gertrud Bäumer, Vorkämpferin der Frauenbewegung, Gründerin der linksliberalen DDP und Herausgeberin der Zeitschrift „Die Frau“. Nach 1933 akzeptierte sie deren Gleichschaltung durch die Nationalsozialisten. Nach dem Krieg baute sie die CSU mit auf. Wegen ihres „lavierenden Verhaltens“ in der Zeit des Nationalsozialismus hatten sich da schon viele ihrer Mitstreiterinnen von ihr abgewandt. Schwartz vermittelt ihren politischen Wandel mit einer eindrücklichen Bilderfolge: Ist Bäumers Porträt anfangs noch klar konturiert gezeichnet, werden die Linien mit jedem weiteren Bild fahriger und dicker, bis sie am Ende vor lauter schwarzer Tinte kaum noch zu erkennen ist.

Es sind eindrucksvolle Zusammenfassungen politischer Leben in turbulenten Zeiten. Für den ersten Teil hat Simon Schwartz Politiker ausgewählt, die zwischen der Paulskirchenverfassung von 1848 und der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 im Parlament saßen. 20 weitere Biografien von 1933 bis 1990 sollen folgen, auch ein Buch ist geplant. Bis dahin kann man sich ein paar seiner Arbeiten online anschauen – hier gibt es den Flyer zur Ausstellung als PDF und hier geht es zu unserer Fotostrecke mit Bildern aus der Ausstellung.

Hausherr des Bundestages war bis zum Ende der vergangenen Legislaturperiode Norbert Lammert, hier bei der Ausstellungseröffnung mit Simon Schwartz.
Hausherr des Bundestages war bis zum Ende der vergangenen Legislaturperiode Norbert Lammert, hier bei der Ausstellungseröffnung mit Simon Schwartz.

© Deutscher Bundestag

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