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Im Geiste Monty Pythons. Rick Kavanian, Christian Tramitz und Bully Herbig (v. l.) verbreiten als Gaga-Trio „Die drei Kastagnetten“ höheren Unsinn.

© Warner

Bullyparade - Der Film: Revue der Sumpfblüten

Deutscher Humor, unverwüstlich: Zum 20-jährigen Jubiläum der TV-Show kommt die „Bullyparade“ ins Kino.

Quatsch machen ist gesünder als ewiges Grübeln. Anders lässt es sich kaum erklären, dass sich diese drei Lümmel von der letzten Bank so gut gehalten haben. Na gut, Christian Tramitz, der Alterspräsident des Komödiantentrios, schaut ein bisschen angeknittert aus. Doch das verleiht seiner Austro-Jovialität in der Paraderolle als Kaiser Franz Josef nur noch mehr öliges Altherrencharisma. Die Kollegen Michael Bully Herbig und Rick Kavanian haben seit der letzten „Bullyparade“, die 2002 auf Pro Sieben lief, keinerlei Speck angesetzt. Fragt sich nur, ob sich das heute auch noch über ihren Humor sagen lässt.

Vor zwanzig Jahren, im Mai 1997, wurde die „Bullyparade“ erstmals ausgestrahlt. Ein den Humor der Deutschen in den neunziger und nuller Jahren durchaus prägendes Ereignis. Und da Mastermind Bully Herbig nicht nur einer der erfolgreichsten deutschen Filmregisseure, sondern auch ein genialer Markenpfleger ist, hat er seine Fans per sozialen Netzwerken befragt, welche Figuren aus dem Bully-Universum sie zum Jubiläum im Kino wiedersehen wollen. Ein identifikationsförderndes Verfahren, das Herbig bereits nach dem 11-Millionen-Zuschauer-Hit „Der Schuh des Manitu“ von 2001 angewandt hat und damit drei Jahre später die Grundlage für den 9-Millionen-Rekord von „(T)Raumschiff Surprise – Periode 1“ legte.

Durchgeknallte Persiflage von Sissy bis Tarantino

In fünf Episoden lässt das Kinospecial, dessen Buch Herbig, Tramitz und Kavanian zusammen mit dem bewährten Koautor Alfons Biedermann, die „München-Connection“, geschrieben haben, zentrale Helden wiederauferstehen. Den Auftakt macht das Zwickauer Brüderpaar Jens und Jörg Kasirske, das sich mittels Zeitreise aufmacht, den Mauerfall zu verhindern. Von der Ostzone geht’s mittenmang in einen melancholisch anmutenden Wilden Wesen, wo sich die Blutsbrüder Winnetou und Old Shatterhand nach 15 Jahren Beziehungspause wiederbegegnen. Für die Figur des Kopfgeldjägers Dr. Schmitz plündert Herbig nicht nur Karl-May-Kamellen, sondern auch frische Popkulturware wie Quentin Tarantinos „Django Unchained“.

Die Episode „Sissi – Wechseljahre einer Kaiserin“ liefert eine durchgeknallte Persiflage der Romy-Schneider-Filme aus den Fünfzigern, in der „Feldmarschall“ Kavanian als sagenhaft irre Ausgabe von Josef Meinrad brilliert. Außerdem dabei: die Langzeitstudenten Lutz und Löffler und die unvermeidlichen Weltraumfahrer Captain Kork, Mr. Spuck und Schrotty. Warum die Gags gewordenen Klischeeschwulen immer so tuckig auftreten, wird hier gewissermaßen als Prequel zu „(T)Raumschiff Surprise“ erklärt: Die Atmosphäre auf dem von ihnen besuchten „Planeten der Frauen“ ist voller Östrogen.

Klaumauk mit Narrenfreiheit

Die „Star Trek“, „Star Wars“ und „Barbarella“ parodierende Geschichte ist dank der Bauten der Bavaria-Studios und digitaler Computertechnik die mit dem fettesten Kino-Appeal. Kein Vergleich mit der Trash-TV-Ästhetik der frühen, lange unter Zuschauermangel leidenden ersten Staffeln der Sketch-Revue. Die war, so wie der deutsche Fernsehcomedy-Boom der mit dem Begriff „Spaßgesellschaft“ belegten Neunziger überhaupt, Produkt einer experimentierfreudigen Redaktion eines auf junge Konsumenten schielenden Privatsenders. Und einer sorglosen, hedonistischen Zeit.

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Die anfangs noch vom Quotendruck verschonte Narrenfreiheit hatten Bully Herbig und Rick Kavanian zuvor schon als Morningcrew des Münchner Radiosenders Gong genossen. Herbigs Blödel-Humor erscheint wie der sonnige süddeutsche Gegenentwurf zur anderen, schon 1988 beim nordischen Privatsender Radio ffn entstandenen Humor-Sumpfblüte, dem „Frühstyxradio“. Dessen ätzende Comedysatire prägt mit Namen wie Oliver Welke, Oliver Kalkofe, Dietmar Wischmeyer ebenfalls bis heute den deutschen Humor. Allerdings auch in der kabarettistisch-analytischen Variante.

Erfolg mit Schwulenstereotypen

Die Position des Komikers als Politclown, Kritikaster und Weltverbesserer ist erklärtermaßen nicht die von Bully Herbig, der sich als reinen Unterhaltungskünstler versteht. Verkleiden, verulken, Wir-Gefühl erzeugen – das ist das Metier, das er als Regisseur wie Drehbuchautor und Schauspieler mit Hang zum Perfektionismus betreibt. Und weil die Charaktere und Geschichten in der „Bullyparade“ von echter Begeisterung und handwerklicher Hingabe erzählen, zünden sie – auch zwanzig Jahre später. „Bullyparade – Der Film“ ist verlässlich albern, seine professionelle Arglosigkeit dürfte auch der Grund dafür sein, warum sich kaum einer daran stört, dass Herbig einen Großteil seines Comedy-Schaffens mit Schwulenimitation bestreitet und sogar von homosexuellen Kollegen wie Thomas Hermanns Applaus bekommt.

Doch Obacht: Der der Münchner Schickeria abholde Herbig, der sich von Bernd Eichinger nicht mal einen Porsche schenken lassen wollte, mag als Komiker etwas brav sein, ein Tor ist er nicht. Das zeigt nicht nur der Monty-Python-hafte Spin, den in der „Bullyparade“ Figuren wie die „Drei Kastagnetten“ verkörpern, deren absurde Wortgefechte als Running Gag im Film kursieren. Sondern auch die Wahl seiner Filmrollen – etwa bei Leander Haußmann in „Hotel Lux“ und bei Helmut Dietl in „Zettl“. Sein nächstes Filmprojekt, ein Thriller, erzählt die Geschichte zweier Familien, die mit dem Ballon aus der DDR flüchten. Ein Arbeitstitel ist noch nicht bekannt, doch „Heiße Luft über der Zone“ lautet er gewiss nicht.

In 21 Berliner Kinos

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