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Adrian Piper bei der Preisverleihung in Venedig.

© dpa

Biennale di Venezia: Trophäe mit ganz besonderem Glanz

Die US-Künstlerin Adrian Piper hat den Goldenen Löwen der Biennale di Venezia erhalten, Armenien wurde für dne besten Pavillon ausgezeichnet.

Den Goldenen Löwen aus Venedig mit nach Hause zu bringen, das ist schon mal was. Wer die geflügelte Raubkatze, das Wahrzeichen der Lagunenstadt, als höchste Auszeichnung der Biennale di Venezia überreicht bekommt, der hat es geschafft, dessen künstlerische Karriere bewegt sich fortan in höheren Sphären. Natürlich ist eine Biennale nicht Olympia. In der Kunstwelt gibt es kein schneller, weiter, besser – höchstens ein teurer. Und die Zeiten, als sich die Nationen mit ihren Kunstpavillons gegenseitig auszustechen suchten, sind auch vorbei. Trotzdem strahlt diese Trophäe einen ganz besonderen Glanz ab, in dem nicht nur der Geehrte erstrahlt. Die Galerie des Künstlers, seine Heimatstadt dürfen sich ebenfalls geschmeichelt fühlen. Sie liefern die Produktionsbedingungen für ein erfolgreiches Werk.

In diesem Jahr hat die US-Künstlerin Adrian Piper den Goldenen Löwen erhalten, mit der Überreichung wurde am Wochenende die weltweit wichtigste Schau zeitgenössischer Kunst offiziell eröffnet. Damit geht die Trophäe erneut nach Berlin, wo die gebürtige New Yorkerin seit zehn Jahren lebt. Erst beim letzten Mal hat der Performance-Künstler Tino Sehgal den Löwen mit nach Berlin gebracht und ein Dilemma offenbart. Berlin besitzt allen Gentrifizierungstendenzen zum Trotz nach wie vor große Attraktivität für Künstler aus aller Welt, hier können sie ideal arbeiten. Ausstellen und Preise gewinnen, das tun sie allerdings woanders. Die Berliner Kunstinstitutionen bilden nur lückenhaft ab, was im Atelier um die nächste Ecke entsteht. Der Glanz des Goldenen Löwen wirft ein Licht auf diese Problematik.

Auch für die 56. Biennale di Venezia besitzt die Verleihung an Adrian Piper einen demonstrativen Wert, für Kurator Okwui Enwezor verweist sie auf den politischen Gehalt seiner Ausstellung. Mit der 66-jährigen Konzeptkünstlerin wird eine bemüht pädagogische Position hervorgehoben. Das künstlerische Werk der Philosophin fordert einen klugen Kopf, appelliert aber durch interaktive Performances auch an das direkte Erleben. Die gebürtige New Yorkerin wendet sich im Arsenale mit einer Art Moraltest an den Besucher. Er soll einen Vertrag unterschreiben, der von ihm höchste Tugendhaftigkeit abverlangt: „Ich werde immer sagen, was ich meine.“ Oder: „Ich werde immer zu teuer sein, um mich kaufen zu lassen.“ Glaubwürdigkeit to go.

Am Ende der knapp 200-tägigen Biennale gehen die Kontrakte nach Berlin, wo sich heute die vor 13 Jahren ins Leben gerufene APRA-Foundation befindet, das Adrian Piper Research Archive. Darin sollen die in Venedig unterzeichneten Verträge die nächsten hundert Jahre versiegelt aufbewahrt werden. Vielleicht stellt die Künstlerin auch ihren Goldenen Löwen dazu. Spätere Forscher werden rätseln, was die von Biennale-Besuchern unterschriebenen Versprechen – immer ehrlich zu sein, der Korruption zu widerstehen – mit dem Kunstpreis zu tun haben. Ihre größte Gemeinsamkeit besteht darin, den ihnen innewohnenden Absolutheitsanspruch nicht erfüllen können.

Letztlich bildet der Goldene Löwe die aktuelle Befindlichkeit des Kunstbetriebs ab, der sich in Venedig diesmal political correct gibt. Entsprechend ging die Trophäe für den besten Pavillon an Armenien als Erinnerung an die vor 100 Jahre am armenischen Volk durch die osmanische Regierung begangenen Massaker. „Schönheit rettet die Welt“, zitierte die Pavillon-Kuratorin Adelina von Fürstenberg Dostojewski bei Entgegennahme des Preises. Ein Hoffnungsschimmer im goldenen Glanz.

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