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Der britische Musiker Benjamin Clementine.

© AFP

Benjamin Clementine live in Berlin: Fein und furchtlos

Der britische Sänger und Pianist Benjamin Clementine gab im Berliner Kammermusiksaal ein schönes Konzert, begleitet von Schlagzeuger Alexis Bossard.

Die Pariser Métro, englische Kirchen, italienische Theater – Benjamin Clementine ist in seiner jungen Karriere schon an vielen Orten aufgetreten. Doch der Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie verunsichert den 27-jährigen Sänger und Pianisten dann doch ein wenig. Nach zwei Songs wendet er sich zu den in seinem Rücken sitzenden Zuhörern und murmelt „It’s a funny room“.

Kann man so sehen, andererseits bietet der Scharoun-Saal ideale Bedingungen für die von großer Ernsthaftigkeit und Innerlichkeit geprägten Songs des Londoners, dessen Debüt „At Least For Now“ kürzlich mit dem Mercury Prize für das beste englische Album des Jahres ausgezeichnet wurde. Zweifellos genießt er die konzentrierte Stille, mit der ihm hier gelauscht wird.

Clementine beginnt mit dem Stück „Condolence“, das von seiner Geburt, auch seiner künstlerischen handelt. Lange hält er es in einer Schwebe, wiederholt mit der linken Hand immer dieselbe Phrase, die rechte streift durch die Luft, bis seine Stimme endlich den Mut zusammennimmt, emporschießt und verkündet: „I’m sending my condolence/ I’m sending my condolence to fear“.

Begleitet wird er von dem Drummer Alexis Bossard, der ebenfalls barfuß und ohne Hemd unterm dunklen Mantel auf der Bühne sitzt. Vom zarten Tackern auf dem Snare-Rand über jazzig-abstrakte Kommentare bis hin zu wuchtigen Rockgrooves findet er immer eine adäquate Ergänzung zu Clementines reduziert-effizientem Klavierspiel.

Seine Stimme fällt aus Engelshöhen in finstere Basskeller

Im Zentrum steht seine Stimme, die mal an Nina Simone und dann wieder an Antony Hegarty erinnert. Besonders eindrucksvoll bringt er sie in dem ohne Bossard vorgetragenen Stück „I Won’t Complain“ zur Geltung, das sehr wohl eine Klage ist – mit einem kathartischen Tremolo auf der letzten Silbe der Zeile. Nicht minder mitreißend: In dem von hektischem Akkordgehämmer vorangepeitschten „Adios“ stürzt Clementine innerhalb eines Takts aus Engelshöhen in finstere Basskeller hinab – ganz großes Drama. Den anschließenden langen Applaus nimmt der Sänger mit gefalteten Händen entgegen.

Nur ganz selten huscht ein Lächeln über seine feinen Züge, Clementine bleibt stets in der Pose des Edel-Bohemiens, die ihm aber ausgezeichnet steht. Ansagen sind nicht seine Stärke, er lässt lieber die Musik sprechen. Und so wirft er einmal ein Motiv zuerst seinem Schlagzeuger zu, der es als Summen an den Saal weiterleitet. Klingt gut – und Benjamin Clementine schaut abseits des Flügels zufrieden ins Rund.

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